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Patriarchale Gewalt im Görli: Frauenhäuser statt Zäune bauen
Wenn der Berliner Senat sexualisierter Gewalt etwas entgegensetzen will, sollte er nicht in den Görli-Zaun, sondern in Frauenhäuser investieren
Die Zahlen zeigen, was man sich bereits denken konnte. Die Geschichte des Görlitzer Parks als nächtlicher Kriminalitätshotspot, sie ist genau das: eine Geschichte.
Ja, es kam 2023 laut der Polizeistatistik zu sexualisierter Gewalt im Görli. Und von den insgesamt sieben verzeichneten Fällen fanden fünf in der Nacht statt. Doch hätte eine nächtliche Schließung diese mutmaßlichen Übergriffe verhindert?
Patriarchale Gewalt beschränkt sich nicht auf Parks, das sagten Feminist*innen schon im Sommer, als die Görli-Debatte überzukochen begann – und das bestätigt jetzt die Statistik: 27 Sexualdelikte verzeichnete die Polizei für denselben Zeitraum im Wrangelkiez.
Ein Zaun hilft Betroffenen sexualisierter Gewalt nicht, im Gegenteil: Die Art und Weise, wie CDU und SPD scheinbar feministische Belange instrumentalisieren, um damit ihre Law-and-Order-Politik zu legitimieren, schadet am Ende dem Kampf gegen Sexismus, Misogynie und Femizide. Denn sie nährt ein schwarz-weißes Bild, das den fremden Mann im dunklen Park als Hauptgefahrenquelle markiert. Hinter diesem Schreckgespenst verschwinden die viel häufigeren Ursprünge patriarchaler Gewalt – Gewalt durch Partner*innen, Ex-Partner*innen, Familienmitglieder oder Autoritätspersonen.
Wenn der Senat sexualisierter Gewalt tatsächlich etwas entgegensetzen will, sollte er die veranschlagten 3,4 Millionen Euro nicht in den Zaun, sondern in neue Frauenhäuser stecken – diese müssen in Berlin regelmäßig Gewaltbetroffene abweisen. Präventionsarbeit, Förderung von Zivilcourage, Selbstverteidigungskurse, das alles wäre sinnvoller als ein Zaun.
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