Ambulant vor stationär, aber...

Neue Hybrid-Fallpauschalen könnten Ambulantisierung teurer machen als nötig

Ein Leistenbruch wird in Deutschland meist ohne Not fast immer stationär behandelt.
Ein Leistenbruch wird in Deutschland meist ohne Not fast immer stationär behandelt.

In Deutschland werden seit Langem im Krankenhaus zu viele Fälle versorgt, die durchaus auch ohne stationäre Aufnahme gut behandelbar wären. Ältere Zahlen zeigen, dass in Dänemark 2018 nur rund 13 Prozent der Leistenbruch-Operationen stationär durchgeführt wurden, während es in Deutschland fast alle waren. Ähnlich sieht es bei der Entfernung der Gallenblase aus: In Deutschland ist das in allen Fällen mit einem Klinikaufenthalt verbunden, in Großbritannien und Dänemark nur in etwa der Hälfte der Fälle.

Würden mehr Eingriffe ohne stationären Aufenthalt durchgeführt, ließe sich Pflegepersonal einsparen, das dann für schwerer kranke Patienten eingesetzt werden könnte. Das Gesundheitssystem, wie es jetzt aufgestellt ist, tut sich jedoch schwer damit, im Bereich Ambulantisierung voranzukommen. Eine der Ideen, letzteres doch zu erreichen, sind die sogenannten Hybrid-DRGs – also Fallpauschalen, die auch ambulant abrechenbar wären.

Am Thema Ambulantisierung werkeln Gesundheitsexperten etwa seit Mitte der 90er Jahre. Von 1993 stammt der Paragraf 115b im Sozialgesetzbuch V, in dem das ambulante Operieren geregelt wird. Weil die Krankenhäuser aber ihre Fallzahlen mithilfe von Diagnosis Related Groups (DRGs) erhöhten, wuchs die Zahl ambulanter Eingriffe an diesen Orten etwa zwischen 2004 und 2020 nicht über zwei Millionen Fälle pro Jahr – im Vergleich zur Gesamtzahl der Fälle, die in diesem Zeitraum von 16,8 auf 19,4 Millionen jährlich anstieg.

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Die Stagnation bei ambulanten Eingriffen wurde in einem Gutachten von 2022 auch darauf zurückgeführt, dass der AOP-Katalog seit 2005 kaum erweitert wurde. In diesem Katalog geht es um Operationen oder diagnostische Eingriffe, die Krankenhäuser ambulant durchführen dürfen. Hinzu kommt, dass die Vergütung stationär höher ist als in den ambulanten Fällen.

Der AOP-Katalog wurde dann in zwei Schritten weiterentwickelt: Er wurde von 2881 Leistungen auf 3312 Leistungen erweitert und ermöglicht ab vergangenem Jahr zudem eine Differenzierung nach Schweregraden. Seit Anfang 2024 kann es einen Zuschlag für die Versorgung von Frakturen und ausgekugelten oder verrenkten Gelenken geben. Bei den gesetzlichen Krankenkassen wird davon ausgegangen, dass künftig in weiteren 500 000 Fällen pro Jahr auf eine stationäre Aufnahme verzichtet werden kann.

2022 wurde jedoch im Krankenhauspflegeentlastungsgesetz eine sektorengleiche Vergütung ermöglicht, und zwar wurde dem schon genannten Paragrafen 115 eine Ziffer f hinzugefügt. Hiermit kamen die Hybrid-DRGs ins Spiel, die Leistungen unabhängig von stationärer oder ambulanter Realisierung gleich hoch honorieren. Damit existierten zwei parallele Ansätze mit dem gleichen Ziel der Ambulantisierung.

Kurz vor Ostern gelang dann bei den Hybrid-DRGs eine Einigung für den Leistungskatalog 2025. Beteiligt waren die Kassenärztliche Bundesvereinigung, die Krankenhausgesellschaft und der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung. In die Vereinbarung wurden 90 zusätzliche Codes aufgenommen, etwa zu bestimmten Biopsien und Ultraschalluntersuchungen oder zu Eingriffen bei Frakturen kleiner Knochen. Bis zum Jahresende müssen die Codes kalkuliert werden, auf dieser Basis werden dann Fallpauschalen vereinbart. Das Gesamtvolumen nur für die neuen DRGs liegt bei 200 000 ambulantisierbaren Fällen.

Aus Kassensicht bringt das parallele Vorgehen am Ende höhere Kosten als nötig. Zwar dürfen als Hybrid-DRGs nur Leistungen aus dem AOP-Katalog vergütet werden. Die Entwicklung von letzterem erscheint jedoch geordneter gegenüber dem weiter zu aktualisierenden Leistungskatalog der Hybrid-DRGs. Bei den gesetzlichen Kassen wird zudem befürchtet, dass niedergelassene Ärzte davon profitieren, dass sie mithilfe der DRGs deutlich höhere Vergütungen für Leistungen erreichen, die sie ohnehin schon ambulant erbringen. Unruhe gibt es unter Ärzten wegen ungeklärter Abrechnungsmodalitäten, etwa zum Verteilungsschlüssel bei operierenden Teams. Auch wegen seiner Bedeutung für die Krankenhausreform wird das Thema absehbar in der Debatte bleiben.

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