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Great Barrier Reef: Korallenbleichen in rascher Folge
Das Great Barrier Reef leidet unter den hohen Meerestemperaturen
Australier lieben Fisch und Meeresfrüchte. Ganz oben auf der Beliebtheitsskala der maritimen Delikatessen stehen Austern, die Down Under nicht in Luxusrestaurants, sondern oft auch bei gewöhnlichen Fish-und-Chips-Ständen auf der Karte stehen. Vor Ostern aber waren die vom südlichen Ende des Great Barrier Reefs (GBR) in Queensland bis zum Süden von New South Wales mit seiner Hauptstadt Sydney vorkommenden populären Felsenaustern knapp, weil die Behörden eine Reihe von Austernfarmen geschlossen hatten. Grund dafür waren Wassertemperaturen von 29 Grad Celsius, durch die das Risiko eines starken Wachstums der temperaturabhängigen, krankmachenden Vibrio-Bakterien bestand.
Das Austernproblem ist keine Petitesse, sondern ein Symptom für ein weitaus größeres Drama, das sich am GBR und darüber hinaus derzeit in den Weltmeeren abspielt. »Die Alarmglocken sollten läuten, denn hier geht es nicht nur darum, dass Korallen am Great Barrier Reef sterben und die Meeresökosysteme zu leiden beginnen. Es geht darum, dass unsere Ozeane anfangen zu versagen«, warnt der Riffwissenschaftler und Mitglied des australischen Klimarats Dean Miller gegenüber australischen Medien. Die globalen Meeresoberflächentemperaturen hätten schon 365 Tage in Folge historische Rekorde gebrochen. Das lasse befürchten, dass der Schaden für tropische Korallenriffe unumkehrbar werden könne. Korallen sind sehr sensible Weichtierchen, die nur bei Wassertemperaturen zwischen 23 und 29 Grad Celsius leben können.
Das 344 400 Quadratkilometer große GBR erlebt derzeit die fünfte Massenbleiche in acht Jahren. Besonders betroffen ist der von bisherigen Bleichen so gut wie nicht berührte südliche Teil des Riffs, das tatsächlich aus 2900 Einzelstrukturen besteht. Die aktuelle Hitzewelle am Riff und das damit drohende Absterben vieler Korallen alarmiert viele GBR-Forscher. Dermaßen aufgeheizt sind die Gewässer des australischen Korallenmeers aufgrund des Klimaphänomens El Niño, so die Wissenschaftler um den australischen Geowissenschaftler Zhi Huang in ihrer in ScienceDirect veröffentlichen Studie zu maritimen Hitzewellen am GBR.
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Normalerweise kommt und geht ein El Niño und mit ihm die höheren Temperaturen bei gleichzeitigem Regendefizit. Auch das aktuelle El Niño ist in seiner Endphase, was aber trotzdem keine gute Nachricht für die Riffe ist, die sich nach früheren Bleichphasen wieder erholen konnten. »MHWs (Maritime Hitzewellen) haben in dieser Region an Häufigkeit, Intensität und räumlicher Ausdehnung zugenommen«, heißt es in der Studie. Weiter schreiben die Autoren: »El Niño, besonders in der Phase mit einem positiven Indian Ocean Dipole, ist der Haupttreiber intensiver MHWs. Aber die starken MHWs in jüngerer Vergangenheit (z.B. 2017 und 2022) fanden ohne diese Klimaereignisse statt. Sie sind Zeichen der Auswirkungen eines langfristigen Klimawandels und lokaler Faktoren.« Ein positiver Indian Ocean Dipole bedeutet, dass sich der westliche Teil des Indischen Ozeans erwärmt.
Wie Zhi Huang erfassen auch die Riffexperten des Australian Institute of Marine Science (AIMS) und der Behörde zur Verwaltung und zum Erhalt des GBR-Schutzgebiets »Marine Park« GBRMPA die Situation der Korallenbänke. »Die Luftaufnahmen von der Riffbehörde in Zusammenarbeit mit (…) AIMS, die zwei Drittel des Marine Park umfassen, bestätigen, dass sich eine Korallenbleiche weit über das Great Barrier Reef verbreitet hat«, sagt der Korallenexperte Neil Cantin von AIMS und fügt hinzu: »Wir müssen nun die Luftaufnahmen der räumlichen Ausdehnung mit Untersuchungen unter Wasser kombinieren, um das Ausmaß der Korallenbleichen in tieferen Rifflebensräumen in den verschiedenen Regionen des Marine Parks zu bewerten.«
Ein schnelles Ende der maritimen Hitzewelle ist nicht in Sicht. Eine längere und intensivere Hitze könnte den Tod von Korallen zur Folge haben, warnen viele Wissenschaftler. Roger Beeden, Chefwissenschaftler der Riffbehörde, gibt sich angesichts der Erholungsfähigkeit der Korallen nach früheren Katastrophen zuversichtlich. Aber er warnt auch: »Der Klimawandel ist die größte Bedrohung für das Great Barrier Reef und die Korallenriffe weltweit«.
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