- Berlin
- Rechtsextremismus in Schulen
Wenn Nazis vor dem Schultor stehen
Schülervertretungen fordern, zunehmend verbreiteten rechten Ideologien im Unterricht entgegenzuwirken
»Grade in Berliner Randbezirken wird Rechtsextremismus auf dem Schulhof immer präsenter«, berichtet Jolina Leuschner. Sie wirkte als Pressesprecherin des Landesschüler*innenausschusses Berlin an einem gemeinsamen Positionspapier der ostdeutschen Schüler*innenvertretungen mit. Die Schüler*innenräte beschreiben darin unter anderem das vermehrte Auftauchen von NS-Symboliken wie Hakenkreuz-Schmierereien in Klassenzimmern.
Auch die wachsende Präsenz faschistoider Akteur*innen wie der rechtsextremen Kleinpartei Dritter Weg macht deutlich, welches Ausmaß das Problem angenommen hat. Erst Ende Februar gab es einen Vorfall, bei dem drei junge Menschen vom Dritten Weg Flyer vor einer Schule in Adlershof verteilten, wie das Register Treptow-Köpenick »nd« mitteilt. Das Register dokumentiert Vorfälle in Berlin, die einen rassistischen, antisemitischen, queerfeindlichen oder NS-verharmlosenden Hintergrund haben. Der Dritte Weg ist dort bekannt, auch durch Gewaltdelikte. »Wir bemerken, dass ihre Jugendorganisation NRJ zunehmend junge Menschen mobilisiert«, so eine Sprecherin des Registers Marzahn-Hellersdorf zu »nd«.
Die Bereitschaft, verfassungsfeindliche Aussagen als legitime Meinungsäußerung einzustufen, steigt den Schüler*innenvertretungen zufolge deutlich an. Um den alarmierenden Entwicklungen entgegenzuwirken, fordern sie, den Geschichtsunterricht zu intensivieren. »Dabei muss vor allem stärker der Zusammenhang der NS-Geschichte zu heute gezogen werden, damit das greifbarer wird«, meint Jolina Leuschner. Zudem sei die Förderung der Medienkompetenz junger Menschen zentral. Grade im digitalen Raum ist rechte Propaganda durch Algorithmen und teils KI-generierte Fake News stark vertreten. Oft sei das auf den ersten Blick nicht als Rechtsextremismus erkennbar. »Junge Menschen müssen die Kompetenz erlernen, das zu bemerken«, erklärt Leuschner.
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Auch die Stärkung eines demokratischen Miteinanders sehen die Vertreter*innen als notwendigen Schritt. Eine Umfrage des Schüler*innen-Netzwerks Berlin im vergangenen Jahr ergab, dass nur ein Drittel der Berliner Schüler*innen das Gefühl hat, in der Schule mitbestimmen zu können. »Ich glaube das Gefühl, nicht wirklich mitwirken zu können, kann die Anfälligkeit für rechtes Gedankengut fördern«, bemerkt Jolina Leuschner.
Um demokratischen Streit und ein wertschätzendes Miteinander zu fördern, machen die Vertretungen Vorschläge: Schulen sollen gerechte Diskurse fördern, indem Lehrkräfte die Rolle von Mentor*innen einnehmen. So können sie Methoden und Informationen an die Hand geben, und Schule könne zu einem Ort der offenen Diskussion werden.
Für das Berliner Register ist gute Aufklärungsarbeit über rechte Strukturen zentral, damit Bildungsarbeiter*innen geschult mit jeglichen Vorfällen umgehen können. »Wir haben kurz vor dem Vorfall in Adlershof in dieser Schule mit einem Workshop über den Dritten Weg aufgeklärt«, so eine Sprecherin des Registers Treptow-Köpenick. So habe eine Lehrerin direkt erkannt, um wen es sich handelt, die Personen konfrontiert, Verstärkung geholt und die potentiellen Neonazis vertrieben. Im Nachhinein sei es zentral, solche Vorfälle aufzuarbeiten. Dafür müssen Lehrer*innen, Schüler*innen, Eltern eingebunden werden, so die Sprecherin weiter. Den Fokus müssen Schulen vor allem auch darauf legen, wie es den Betroffenen von rechter Gewalt geht und was sie brauchen, damit sie sich in der Schule sicher fühlen können.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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