Bündnis Sahra Wagenknecht: Die Normalen und die Anderen

Leo Fischer über die Gegner des neuen Selbstbestimmungsgesetzes

Der Bundestag hat am Freitag das Selbstbestimmungsgesetz beschlossen. Es soll trans Menschen den Weg durch das Behördendickicht erleichtern und die entwürdigenden Zeremonien, die bisher mit einer Transition einhergingen, auf das Nötigste verringern. In den Augen vieler Betroffener leistet das Gesetz das noch lange nicht, sie unterstützen es trotzdem – denn angesichts der Angriffe auf sexuelle Selbstbestimmung von Trump-Anhängern über Putin und Orbán bis zu J. K. Rowling und linken Transfeind*innen zählen auch kleine Geländegewinne.

Im Kampf gegen die Anerkennung geschlechtlicher Vielfalt hat die weltweite Rechte ein einendes Thema. Ob US-Republikaner, CDU oder AfD: In der symbolischen Abwehr der Möglichkeit, irgendwer könne sich aus seiner gesellschaftlich zugewiesenen Geschlechterrolle emanzipieren, verstehen sie sich ohne Worte. Viele Aussagen über trans Menschen wurden vor nicht einmal 30 Jahren genauso über Homosexuelle getroffen – und haben eine ganz ähnliche Funktion: Grusel vor der Devianz, dem irgendwie Anrüchigen, Dekadenten. Und auch damals wurde vor dem Einfluss auf Kinder gewarnt.

Mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht reiht sich eine weitere rechte Partei in diese Allianz ein. »Jeder soll nach seiner Façon leben und glücklich werden«, säuselt Wagenknecht, bekannt durch »skurrile Minderheiten«, in einem Interview mit t-online: »Wir haben aber ein Problem, wenn normale Menschen mit einer klassischen Familie sich nicht mehr wertgeschätzt fühlen und jemand, der weiß, männlich und heterosexuell ist, sich fast schon dafür entschuldigen muss.«

Ganz abgesehen von den »normalen Menschen«, deren Nähe zum AfD-Slogan »Deutschland – aber normal« kein Zufall sein dürfte: Es gibt keinen einzigen Fall, in dem ein Mann, der weiß, männlich und heterosexuell ist, sich dafür entschuldigen musste – und es wird ihn nie geben. Die Art »Respekt«, die Wagenknecht für »normale Menschen« fordert, kann es nur geben, wenn man andere als unnormal definiert. Es ist ein bisschen wie beim Bürgergeld: Damit sich Arbeit wieder lohnt, werden nicht Löhne erhöht, sondern Arbeitslose drangsaliert. Zusammenhalt, der über den Ausschluss von »Artfremden« funktioniert, hat einen Namen.

Leo Fischer

Leo Fischer ist Journalist, Buchautor und ehemaliger Chef des Satiremagazins »Titanic«. In seiner Kolumne »Die Stimme der Vernunft« unterbreitet er der Öffentlichkeit nützliche Vorschläge. Alle Texte auf: dasnd.de/vernunft

Behindertenfeindlich wird es auch: »Wer die deutsche Sprache lieber hässlich und regelwidrig mag, soll gendern und stottern, wie er möchte«, gibt Wagenknecht die hämische Liberale, um sich einem Gender-Verbot »in Schulen und öffentlichen Einrichtungen« anzuschließen. Bei den Schulen liegt der Hase im Pfeffer: Mit staatlichen Genderverboten fängt es an, mit der Strafbarkeit queerer Sichtbarkeit im Alltag als »Propaganda« geht es, siehe Russland und Ungarn, weiter.

Das Bündnis Sahra Wagenknecht zeigt sich hier als Alternative für Leute, die rechts wählen, aber den linken Habitus nicht ablegen wollen: Sie wollen Gender-Verbote mit Engels-Zitaten und dem US-Imperialismus begründen, nicht mit der Bibel und der Zersetzung des Volkskörpers. Eine Frage des rechten Geschmacks.

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