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Konjunktur: Lange kein Grund zur Freude
Felix Sassmannshausen über die nicht mehr ganz so schlechten Wirtschaftsaussichten
Erstmals seit Monaten sind die Konjunkturaussichten in Deutschland nicht mehr grottenschlecht, sondern nur noch schlecht. In Zeiten zunehmender Krisen, Konflikte und Kriege fast schon ein Grund zur Freude – oder nicht?
Ursache ist neben abnehmenden Materialengpässen auch die sich zuletzt normalisierende Kaufkraft und Inflation. Vor allem Letztere machte Hoffnung auf sinkende Zinssätze – Rekordjagd an den Börsen inklusive. Wer davon lebt, an den Finanzmärkten Profite abzuschöpfen, war darüber höchst erfreut. Da dürften auch die Sektkorken geknallt haben, als die Dax-Konzerne ihre rekordverdächtigen Dividendenausschüttungen ankündigten.
Doch Inflation und Kaufkraft haben sich nur in Anführungsstrichen normalisiert. Lebensmittel etwa sind weiterhin teuer, sodass auch kräftigste Tarifabschlüsse die Reallohnverluste nicht ausgleichen konnten. Für Arbeiter*innen, die nicht an den Finanzmärkten mitmischen können, fielen vom saftigen Finanzkapitalkuchen keine Krümel ab.
Die Stimmung trübt weiter, dass Treiber der Rekorde weniger die reale Akkumulation als vielmehr die Flucht brachliegenden Kapitals in die Finanzsphäre ist. Die ist auch bedingt durch die schleppende Konjunktur und vor allem durch geopolitische Unsicherheiten. Denn die hemmen Investitionen in neues fixes Kapital. Mit einer Ausnahme: Die Rüstungsindustrie floriert ganz real – wegen der geopolitischen Bedrohungen. So bleibt also von der Freude über die schlechten statt grottenschlechten Aussichten nichts übrig.
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