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Die Ziele des Iran
Über die Außenpolitik des Regimes in Teheran
Die Welt guckt gespannt auf den Iran: Wie wird das Regime in Teheran auf den mutmaßlichen israelischen Drohnenangriff reagieren? Die iranische Außenpolitik gilt gemeinhin als sprunghaft und unberechenbar. Iranische Politiker erinnern bisweilen an islamisch angehauchte Desperados, die schnell den Colt aus dem Halfter ziehen, auch wenn es meist bei aggressiver Rhetorik bleibt. Irans Außenpolitik ist aber weitaus rationaler und pragmatischer, als man meint. So hat sich die Islamische Republik bisher immer zurückgehalten, Nachbarländer direkt militärisch anzugreifen – bis zum jüngsten Luftangriff auf Israel.
Die Zeiten, in denen die Führung versuchte, die sogenannte Islamische Revolution von 1979 ins Ausland zu tragen, sind lange vorbei. Nach dem blutigen Krieg gegen den Irak und dem Tod von Revolutionsführer Ayatollah Khomeini hielt eine an nationalen Interessen orientierte Außenpolitik Einzug – mit einer Ausnahme: die Unterstützung der Palästinenser und die Konfrontationsstellung gegenüber Israel, das Iran als Stellvertreter der USA in der Region betrachtet und als Staat nicht anerkennt, Vernichtungsrhetorik inklusive. Staatsdoktrin seit 1979, spiegelt diese ideologische Position mitnichten fundamentale Interessen Irans oder seiner Menschen wider, sondern ist maßgeblich politischem Kalkül des Regimes geschuldet.
Iran war immer bemüht, sich als schiitischer Staat in einem sunnitischen Umfeld arabischer Nachbarn an die Spitze der Anti-Israel-Front vorzudrängen, quasi als islamischer Vorkämpfer für die palästinensische Sache, um Einfluss zu gewinnen unter den arabischen Bevölkerungen. Dafür wurde und wird viel Geld locker gemacht, zum Beispiel um Hisbollah und Hamas mit Waffen zu versorgen. Der Erfolg dieser Strategie hält sich in Grenzen. Viele Freunde konnte sich die Islamische Republik nicht machen unter seinen arabischen Nachbarn. Das konnte man auch jetzt beobachten, als Jordanien Drohnen abgefangen hat, die vom Iran aus auf Israel abgefeuert wurden.
Teller und Rand ist der nd.Podcast zu internationaler Politik. Andreas Krämer und Rob Wessel servieren jeden Monat aktuelle politische Ereignisse aus der ganzen Welt und tischen dabei auf, was sich abseits der medialen Aufmerksamkeit abspielt. Links, kritisch, antikolonialistisch.
Oberste Ziele der iranischen Außenpolitik sind die Sicherheit der eigenen Grenzen, der unbedingte Wille, in der Region als Groß- oder gar Vormacht anerkannt zu werden, und die feste Überzeugung, dass fremde Mächte aus dem Nahen und Mittleren Osten herausgedrängt werden müssten, allen voran die USA. In den vergangenen Jahrzehnten konnte man eine gewisse Umzingelungsparanoia bei der iranischen Führung diagnostizieren, die Anlass gab, wenig rational zu kommunizieren und zu handeln. Als die US-Armee noch in großer Truppenstärke sowohl im Irak als auch in Afghanistan stand, wurde es dem Regime deutlich zu eng um den Hals, denn eine direkte militärische Auseinandersetzung mit den USA kann der Iran nur verlieren.
Laut dem International Institute for Strategic Studies in London (IISS) verfügt die Luftwaffe nur über ein paar Dutzend einsatzbereite Kampfflugzeuge, darunter russische Jets und veraltete US-Modelle, die vor der iranischen Revolution von 1979 erworben wurden. Das größte Potenzial haben die selbst entwickelten Drohnen, die in Ziele fliegen und explodieren können. Analysten gehen davon aus, dass dieses Drohnenarsenal in die Tausende geht. Darüber hinaus verfügt der Iran über mehr als 3500 Boden-Boden-Raketen. In einer direkten Auseinandersetzung mit der israelischen Luftwaffe hätte der Iran die schlechteren Karten, so Fabian Hinz vom IISS: »Wenn es zu einem größeren Konflikt zwischen den beiden Ländern käme, würde sich der Iran wahrscheinlich auf gelegentliche Erfolge konzentrieren. Sie haben nicht die umfassende Luftverteidigung, die Israel hat«.
Seit ungefähr 2017 lässt sich eine Machtverschiebung feststellen bei der Formulierung und Umsetzung der iranischen Außenpolitik: weg vom Außenministerium und hin zu Parallelstrukturen wie der Revolutionsgarde (IRGC): Die IRGC dominiert seit Jahren Irans Regionalpolitik – Irak, Syrien, Libanon –, sodass der ehemalige Außenminister Mohammad Javad Zarif sogar sagte, dass er keinerlei Einfluss in der Region habe. Der Luftangriff auf Israel geht auch auf das Konto der Revolutionsgarde und auf den obersten Hardliner: Religionsführer Ayatollah Ali Khamenei. Er hat gerade in außenpolitischen Fragen das letzte Wort und will dem Iran international Geltung verschaffen. Kürzlich feierte er seinen 85. Geburtstag, die Suche nach einem Nachfolger läuft bereits. Er hat den außenpolitischen Schwenk nach Osten abgesegnet, den Iran immer entschiedener verfolgt: In seinen Ambitionen gebändigt durch weitreichende Sanktionen hat der Iran in Russland und China neue Freunde und Wirtschaftspartner gefunden, die das islamische Regime auch mit Waffentechnik versorgen. Der jüngste Beitritt zur Shanghai Cooperation Organization (SCO) und zu den Brics-Staaten verrät viel über Teherans neuen außenpolitischen Kurs.
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