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29-Euro-Ticket: Berliner Sonderweg im ÖPNV
Am Dienstag startete der Vorverkauf des 29-Euro-Tickets. Kritik kommt aus Opposition und Umweltverbänden
Der nächste Berliner Sonderweg startet: Am Dienstag begann mit einiger Verspätung der Vorverkauf des lang angekündigten 29-Euro-Tickets. Wer frohen Mutes schon jetzt zum günstigen Monatspreis in Bus und Bahn steigen will, muss sich allerdings gedulden. Denn das neue Abo-Angebot startet erst am 1. Juli, wie der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) mitteilt. Wer das Angebot nutzen will, muss sich auch direkt für ein Jahr dazu verpflichten. Erst nach Ablauf dieser Zeit ist das Ticket monatlich kündbar. Die Einführung des 29-Euro-Tickets ist die Einlösung eines Wahlversprechens der SPD, die im Wahlkampf intensiv damit geworben hatte.
Nach dem Ende des 9-Euro-Tickets gab es bereits zwischen Oktober 2022 und April 2023 in Berlin ein 29-Euro-Ticket. Seit dem 1. Mai 2023 gibt es das auch Deutschlandticket genannte 49-Euro-Ticket, das, anders als das jetzige SPD-Prestigeprojekt, für sämtliche Nahverkehrszüge und den ÖPNV in der ganzen Republik gilt. Denn die Grenzen des 29-Euro-Tickets sind eng gesteckt: Es ist nur im Tarifbereich AB gültig. Schon wer zum Hauptstadtflughafen BER oder nach Brandenburg fahren will, muss ein Extra-Ticket lösen.
Berliner*innen, die auf Sozialleistungen angewiesen sind, können im selben Tarifbereich für 9 Euro monatlich das Sozialticket nutzen. Und abhängig Beschäftigte in Berlin haben – sofern ihr*e Arbeitgeber*in das anbietet – für 34,30 Euro pro Monat Zugang zu einem vergünstigten Deutschlandticket, das auch monatlich kündbar ist. »Das 29-Euro-Ticket spricht vor allem Leute an, die sich ein Abo bereits leisten können und z.B. bereits das Deutschland-Ticket nutzen«, sagt Kristian Ronneburg, verkehrspolitischer Sprecher der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus im Gespräch mit »nd«. Am Ende werde es Leute vom Deutschlandticket wegholen, gerade wenn dieses irgendwann teurer werden sollte.
Wegen des Konkurrenzverhältnisses zum Deutschlandticket gab es bereits massive Kritik: Das 29-Euro-Ticket schade mehr als es helfe, meint etwa der Bund für Umwelt und Naturschutz Berlin (BUND) in einer Pressemitteilung. »Der von der schwarz-roten Landeskoalition eingeschlagene Weg mit dem 29-Euro-Ticket zeugt von einer großen Verantwortungslosigkeit«, sagt Tilmann Heuser, Geschäftsführer des BUND Berlin. In anderen Bundesländern werde vorgemacht, wie mit zielgenauen Angeboten auf Basis des Deutschlandtickets Menschen mit geringem Einkommen entlastet werden. »Mit dem 29-Euro-Ticket Berlin wird das Deutschlandticket kannibalisiert«, so der BUND.
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