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Fußball: Im Osten geht die Sonne unter
In den Bundesligen kämpfen die drei Ostklubs gegen den Abstieg, in der Unterklassigkeit bleibt wenig Hoffnung
In der an Bildern sehr reichen Fußballsprache wird das Wort Leuchtturm meist in einem recht eindeutigen regionalen Zusammenhang verwendet. Während der Westen, der Norden und der Süden Deutschlands stets mit mehreren Vereinen erstklassig vertreten sind, strahlt der Glanz der Bundesliga im Osten der Republik nur spärlich. Oder jahrelang gar nicht. Seit dem Aufstieg des 1. FC Union im Jahr 2019 steht der Leuchtturm in Berlin. Davor war es zehn Jahre lang dunkel – nach dem Erstligaabstieg von Cottbus. Energie, insgesamt immerhin sechs Jahre Erstligist, beschrieb sich selbst als sportlichen »Leuchtturm der Region«. Hansa Rostock sah sich mit zwölf Erstligajahren als »Leuchtturm des Nordostens der Bundesrepublik«. Nun könnte, wie 2008 an der Küste und ein Jahr später in der Lausitz das Erstligalicht auch in der Hauptstadt wieder ausgehen.
Belastende Trainerspekulationen
Der 1. FC Union empfängt an diesem Sonntag den VfL Bochum: Fünftletzter gegen den Viertletzten. Ein Sturz auf den ersten direkten Abstiegsplatz ist für beide Teams bei jeweils sieben Punkten Vorsprung auf den 1. FC Köln unwahrscheinlich. Realistisch hingegen ist das Abrutschen auf Relegationsplatz 16. Dort steht der FSV Mainz, der in diesem Dreikampf mit zwölf Punkten aus den letzten sechs Spielen die beste Form aufweist und nur noch zwei Punkte vom rettenden Ufer entfernt ist. Bochum holte nach dem Trainerwechsel mit Heiko Butscher vier Zähler in drei Partien. Die Berliner hingegen trafen in den vergangenen fünf Spielen nur einmal ins gegnerische Tor. Union belasten zudem die Spekulationen um die angeblich bevorstehende Trennung von Coach Nenad Bjelica zum Saisonende.
Auch in der Schwarzmalerei glimmt ein Fünkchen Wahrheit. Der mögliche Abstieg des 1. FC Union verdunkelt sich mit dem Blick durch der Ostbrille in die zweite Liga. Dort kämpfen der Hansa Rostock und der 1. FC Magdeburg ebenfalls hart um den Klassenerhalt. Wie angespannt die Lage ist, verdeutlichte Manuel Holscher mit einer Absage in dieser Woche. »Extra-Töne«, also Interviews mit Spielern, dem Trainer oder Funktionären gebe es derzeit abseits der Spieltage nicht, erklärte Magdeburgs Pressesprecher gegenüber »nd«.
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Kraftraubender Existenzkampf
Dem 1. FC Magdeburg geht es in seinem zweiten Zweitligajahr im Vergleich mit den Rostockern noch recht gut. Drei Spieltage vor Saisonende steht der FCM auf Rang elf, sechs Zähler vor dem ersten direkten Abstiegsplatz. Dort wiederum findet man Hansa. In den verbleibenden Partien an diesem Sonnabend gegen starke Karlsruher und danach bei Schalke sowie gegen Paderborn sind die Fußballer von der Ostsee Außenseiter. Und sie waren es in den mittlerweile drei Spielzeiten in der 2. Bundesliga immer. Diese Schwierigkeiten beschrieb Trainer Mersad Selimbegović nach zuletzt drei Niederlagen in Folge wenig hoffnungsvoll: »Für einige ist es seit Monaten, für ein paar andere sogar schon seit Jahren ein Existenzkampf. Das raubt Kraft.«
Nun also das Worst-Case-Szenario für die kommende Saison: kein Erstligist aus dem Osten. Und Union als einziger Zweitligist – denn Dynamo Dresden hat den Aufstieg nahezu verspielt. Natürlich stirbt auch in Sachsen die Hoffnung zuletzt, deshalb sitzt jetzt Ulf Kirsten als Teil eines Trainerteams zusammen mit Heiko Scholz und Willi Weiße auf der Bank. Nach der Trennung von Chefcoach Markus Anfang will die Vereinslegende »die Mannschaft für die verbleibenden Spiele wieder in die Spur bringen«. Das 1:1 bei Jahn Regensburg war kein so schlechter Start, der Rückstand auf den Tabellenzweiten blieb damit aber bei sechs Punkten. Und der Relegationsrang ist auch noch fünf Zähler entfernt.
Kluge Vereinspolitik
Ein gutes Beispiel ist Dresden dafür, dass nicht immer die nachweislich fehlende Wirtschaftskraft im Osten ein Grund für das sportliche Scheitern sein muss. In der 3. Liga spielt Dynamo finanziell ganz oben mit. Auch Zweitligist Rostock muss sich fragen, warum viele Vereine mit geringerem Personalaufwand einfach besser sind. Und selbst im Falle eines Abstiegs von Union zeigt die mediale Beschreibung der Erfolgsgeschichte aus Berlin, wohin eine kluge Vereinspolitik führen kann: »vom Underdog zum Leuchtturm des Ostens«.
»Fußball bildet eben ganz anders Wirtschaft ab.« Dieser Satz des Rathenower Autors und Journalisten Christoph Dieckmann bleibt jedoch auch ein Teil der Wahrheit. Deshalb ist der 1. FC Union nach dem VfB Leipzig, Hansa Rostock und Energie Cottbus erst der vierte Ostklub, dem in mehr als 30 Jahren gesamtdeutscher Fußballgeschichte der Aufstieg in die 1. Bundesliga gelungen ist. Deshalb werden erst in der Drittklassigkeit Erinnerungen an die DDR-Oberliga geweckt, in der kommenden Saison womöglich mit Magdeburg, Rostock, Dresden, Aue, Halle und Cottbus. Und deshalb sprechen wir hier nicht über das österreichische Marketingprodukt Rasen Ballsport Leipzig.
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