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Jekaterina Dunzowa: »Der wichtigste Punkt ist der Frieden«

Die russische Ex-Präsidentschaftskandidatin Jekaterina Dunzowa über die Gründung ihrer eigenen Partei

  • Interview: Ruslan Suleymanov und Roland Bathon
  • Lesedauer: 5 Min.
Zur Präsidentschaftswahl wurde Jekaterina Dunzowa nicht zugelassen, mit ihrer eigenen Partei will sie trotzdem weiter Politik machen.
Zur Präsidentschaftswahl wurde Jekaterina Dunzowa nicht zugelassen, mit ihrer eigenen Partei will sie trotzdem weiter Politik machen.

Frau Dunzowa, Sie haben im Wahlkampf viel Aufmerksamkeit erregt, obwohl Ihnen die Behörden die Teilnahme an den Präsidentschaftswahlen letztendlich verweigerten. Worauf führen Sie die große Zahl an Russen, die Sie unterstützt haben, zurück?

Anfangs war es schwer vorherzusagen, wie viele Menschen sich uns anschließen würden. Mit der Zeit wurde klar, dass uns echt viele als Alternative sahen. Eine Kandidatin, die anders ist als die des Systems. Es war der wichtigste Erfolg zu sehen, dass viele Menschen über Themen sprechen wollen, die nicht auf der Agenda der Regierung stehen.

War das eine Motivation für die jetzt erfolgte Parteigründung?

Es war sehr wichtig, die Gemeinschaft unter all diesen Menschen aufrecht zu erhalten.

Interview


Jektarina Dunzowa ist Journalistin und Gründerin der 2024 neu gegründeten russischen Partei Morgendämmerung. Davor versuchte sie, für die russischen Präsidentschaftswahlen zu kandidieren, wozu sie von der Wahlbehörde nicht zugelassen wurde.

Haben Sie sich mit der Gründung der Partei Morgendämmerung entschieden, einen eigenen Weg zu gehen und nicht mit anderen Oppositionellen zusammenzuarbeiten? Etwa mit Boris Nadeschdin?

Wir schotten uns vor niemandem ab. Ich möchte daran erinnern, dass auch diejenigen, die zunächst mich unterstützt haben, dann Herrn Nadeschdin unterstützten. Es gibt dadurch keine Differenzen mit ihnen. Darüber hinaus haben wir eine Koalition mit der Partei Zivilinitiative von Andrej Netschajew, dem ersten Wirtschaftsminister des modernen Russland, in Vorbereitung. Im September sind Kommunal- und Parlamentswahlen und wir werden wohl keine Zeit haben, die für eine Teilnahme nötigen Unterlagen einzureichen. Die Zivilinitiative ist bereit, uns ihre Infrastruktur zur Kandidatennominierung zur Verfügung zu stellen.

Wie unterscheidet sich Ihre Partei ideologisch von anderer Opposition?

Wir haben keine ernsthaften ideologischen Differenzen mit anderer, echter Opposition. Dennoch ist für uns der wichtigste Punkt der Frieden, die Notwendigkeit von Friedensverhandlungen zwischen der Ukraine und Russland. Auch beim Parteiaufbau haben wir einen eigenen Ansatz. Wir sind kein »Haufen von Anzugträgern«. Wir wollen eine Partei sein, die großen Wert auf lokale Initiativen legt

In Ihrer Partei sind viele junge Russen aktiv. Wie planen Sie, ältere und konservativere Wähler zu erreichen, die Putin und die Militäroperation in der Ukraine unterstützen?

Es ist nicht verwunderlich, dass vor allem junge Menschen auf etwas Neues reagieren. Sie suchen nach Möglichkeiten, sich zu verwirklichen. Aber nicht nur Junge sind bei uns dabei. Zu unseren regionalen Treffen kommen auch Menschen zwischen 60 und 70 Jahren. Die Hauptschwierigkeit bei ihnen besteht darin, dass sie etwa keine sozialen Netzwerke nutzen. Ich würde aber nicht sagen, dass die gesamte ältere Generation nur Putin unterstützt. Es ist nur vielen von ihnen nicht bewusst, dass es eine Alternative gibt.

Sie wollen den Krieg in der Ukraine beenden. Wie soll das umgesetzt werden?

Zuerst müssen wir zu Friedensverhandlungen zurückkehren. Es ist klar, dass die ukrainische Seite solche mit Putin nicht führen will. Deswegen haben wir im Wahlkampf betont, dass es bei einem Wechsel des Präsidenten eine Möglichkeit zum Dialog geben wird. Dazu ist es leider nicht gekommen. Ein einseitiger Waffenstillstand würde nach meiner Meinung die Kämpfe nicht stoppen. Es wird unter den aktuellen Bedingungen schwierig sein, sich zu einigen.

Viele russische Oppositionelle sind im Ausland. Würden Sie mit ihnen zusammenarbeiten? Würden Sie beispielsweise Julia Nawalnaja unterstützen?

Wir sind zum Dialog mit allen bereit. Die einzige Bedingung ist die Sicherheit unserer Unterstützer. Daher können wir es uns beispielsweise nicht leisten, mit Organisationen zusammenzuarbeiten, die in Russland als extremistisch gelten. Ich habe viele Freunde, die vorher in Russland politisch aktiv waren, aber jetzt das Land verlassen haben. Wir bleiben im Kontakt.

In naher Zukunft werden die Behörden über die Registrierung Ihrer Partei entscheiden. Haben Sie darauf Chancen?

Die Chancen sind 50:50. Ich glaube, die Behörden werden versuchen, den Registrierungsprozess zu verlangsamen. Etwa wegen irgendwelcher Dokumente. Oder diese entgegennehmen und mit größter Sorgfalt prüfen.

Alexej Nawalny hatte über Jahre landesweit ein ganzes Netz von Hauptquartieren. Heute sitzen fast alle Anführer davon in Haft oder im Exil. Wird auch auf Ihre Unterstützer Druck ausgeübt?

Unser Konzept unterscheidet sich von dem Nawalnys. Persönlich habe ich mir Sorgen um Alexej gemacht, aber ich war auch mit vielen seiner Aussagen nicht einverstanden. Unsere Idee ist, dass wir uns hauptsächlich für den Frieden vereinen und nicht, um jemanden zu bekämpfen. Wir stellen keine Gefahr für den Staat dar. Bisher spüren wir keinen Druck. Aber einige unserer Aktivisten haben Probleme.

Einige russische Oppositionelle glauben, dass eine Zusammenarbeit mit dem Kreml unmöglich sei. Sind Sie mit den Offiziellen dialogbereit?

Innerhalb Russlands ist es unmöglich, nicht mit den Behörden in Kontakt zu treten. Wir leben nicht im Vakuum, ein Dialog ist nötig. Aber es gibt rote Linien, die wir nicht überschreiten.

Zum Beispiel?

Etwa das Thema der »militärischen Sonderoperation«. Wenn wir uns aktiv für den Frieden einsetzen, werden wir etwa kein Militärpersonal an die Front schicken.

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