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Neue Auflagen, klare Machtverhältnisse
Im Gesetzentwurf zur Krankenhausreform schafft sich das Gesundheitsministerium Durchgriffsrechte
Das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG), dessen Entwurf am Mittwoch vom Bundeskabinett beschlossen wurde, bildet die Grundlage für die geplante Krankenhausreform. Obwohl Verbände im Gesundheitswesen und Bundesländern bis Ende April Zeit hatten, ihre offiziellen Stellungnahmen dazu einzureichen, hielt die Kritik an der Ausgestaltung der Reform an – und sie kam und kommt von allen Seiten. Einig ist man sich nur in der Frage, dass ein solches Vorhaben notwendig ist.
Der jetzige Entwurf kommt den Forderungen der Länder nicht entgegen. Sie hatten Ende April noch diverse Fragen zur Zustimmungspflicht des Bundesrates (die Minister Karl Lauterbach ausschloss), zu Fristen und der Systematik der Vergütung. Einige Änderungen enthält der Entwurf jedoch. Bei den Zielen geht es nunmehr nicht nur um die Behandlungsqualität oder die sichere Versorgung in der Fläche, sondern jetzt auch um eine höhere Effizienz der stationären Versorgung.
Die Reform sieht eine neue Art von sektorenübergreifenden Einrichtungen vor, in der bisher ambulante mit stationären Leistungen gekoppelt werden sollen. Hier verschwand ein ganzer bisher vorgesehener Themenereich aus dem Gesetzestext: die medizinisch-pflegerische Versorgung. Diese sollte insbsondere älteren Patienten zugutekommen, die an mehreren Krankheiten leiden, aber wiederum keine stationäre Hochleistungsmedizin brauchen. Diese Menschen benötigen parallel zur ärztlichen Behandlung eine pflegerische Begleitung und Überwachung, weshalb ein Ausweichen in den ambulanten Bereich nicht möglich ist. Die Streichung deutet darauf hin, dass die Möglichkeiten für kleine Krankenhäuser, sich mit sinnvollen, auch ambulanten Angeboten neu aufzustellen, noch lange nicht abschließend geregelt sind.
Im Gesetzentwurf fällt auf, dass bestimmte Neuerungen zu Folgeauflagen für verschiedene Akteure führen. So müssen auch bei Versorgungsverträgen zwischen Landesverbänden der Krankenkassen und Krankenhausträgern Qualitätskriterien der geplanten Leistungsgruppen nachgewiesen werden. Das reicht noch nicht, der Nachweis muss zudem durch ein Gutachten des Medizinischen Dienstes (MD) erbracht werden. Eine Selbsteinschätzung des Krankenhauses dazu hat nur Wirkung, wenn die MD-Prüfung bereits beauftragt ist.
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Zu den Versorgungsverträgen geht es kleinteilig weiter – ein ganzes Bedingungsgeflecht, unter anderem zu Kündigungen, wird hier ausgeführt. Nach weniger Bürokratie, wie angekündigt, sieht das alles nicht aus. Zugleich sicherte sich das Bundesgesundheitsministerium zusätzliche eigene Möglichkeiten für Regelungen per Rechtsverordnung, etwa zur Einhaltung von Qualitätskriterien von Leistungsgruppen, die gelten, wenn Kliniken kooperieren. Zuvor sollte das nur mit Zustimmung des Bundesrates möglich sein. Auch die Regelung von Verträgen mit niedergelassenen Ärzten kann nach letztem Stand der Bund treffen.
Für die Weiterentwicklung der Leistungsgruppen soll es laut Gesetz einen neuen Ausschuss geben, der auch Empfehlungen erarbeitet. Auch hier wurden Machtverhältnisse gesichert: Dem Ausschuss sollen nicht nur der GKV-Spitzenverband, die Krankenhausgesellschaft sowie die Bundesärztekammer und Pflege-Organisationen angehören, auch die Hochschulmedizin kann ihre Vertreter schicken. Dieser Bereich gehört zu den wenigen klaren Befürwortern der Reform und könnte mit der Konzentration auf Maximalversorgung an wenigen Standorten auch am deutlichsten von ihr profitieren.
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