• Politik
  • Bundesaufnahmeprogramm Afghanistan

Nur zwei Prozent konnten einreisen

Aufnahmezusagen für Menschen Afghanistan werden nur schleppend umgesetzt

Trotz Hilfszusagen der Bundesregierung haben nur 399 gefährdete Afghanen seit Oktober 2022 durch das Bundesaufnahmeprogramm Zuflucht in Deutschland gefunden. Geplant waren monatlich bis zu 1000 Einreisen. Das geht aus der Antwort auf eine Anfrage der Linke-Abgeordneten Clara Bünger hervor. Zwar gibt es weitere Aufnahmezusagen für 667 Personen mit 1541 Familienangehörigen. Trotzdem liegt diese Zahl deutlich unter den eigentlich bis heute vorgesehenen 18 000 gefährdeten Personen, die nach der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan vor drei Jahren aufgenommen werden sollten.

Die Gründe für die Verzögerungen liegen unter anderem in der erschwerten Beantragung von Visa nach Schließung der deutschen Botschaft in Kabul. Deshalb müssen Afghanen nun zu den Vertretungen in Pakistan oder Iran reisen, dort gibt es lange Wartelisten für die Bearbeitung. Dasselbe gilt für Anträge zum Familiennachzug, allein in Pakistan warten rund 17 000 Menschen auf einen Termin. Personen unter 65 Jahren können erst nach einer Sicherheitsüberprüfung ausreisen, auch dies verlangsamt den Prozess.

Rund 3000 Afghanen haben bei der deutschen Botschaft in Pakistan eine Aufnahmezusage erhalten und warten auf die Ausreise. Diese Zahl bezieht sich allerdings auf verschiedene Programme: 750 beträfen das Bundesaufnahmeprogramm und 600 weitere das Ortskräfteverfahren, das für Personen eingerichtet wurde, die für Bundeswehr und die deutsche Regierung in Afghanistan tätig waren. 1650 weitere Personen stehen auf der sogenannten Menschenrechtsliste, mit der die Bundesregierung eine Zeit lang ebenfalls Personen als frühere Ortskräfte evakuiert hat.

nd.DieWoche – unser wöchentlicher Newsletter

Mit unserem wöchentlichen Newsletter nd.DieWoche schauen Sie auf die wichtigsten Themen der Woche und lesen die Highlights unserer Samstagsausgabe bereits am Freitag. Hier das kostenlose Abo holen.

In der Antwort nennt die Bundesregierung weitere Gründe für die Verzögerungen. Demnach laufe bei den Wartenden mitunter das pakistanische Visum aus oder es fehlten Papiere für die Antragstellung, sodass die Betroffenen wieder nach Afghanistan reisen müssten. Andere würden krank oder seien wegen der Geburt eines Kindes gebunden. Manche Aufnahmezusagen seien auch zurückgenommen worden, zu den Gründen gibt es in der Antwort aber keine Angaben.

Die geringe Zahl der umgesetzten Zusagen sei »ein Schlag ins Gesicht all jener, die auf die Versprechen der Bundesregierung vertraut haben«, sagt Bünger. Die fluchtpolitische Sprecherin der Linke-Gruppe im Bundestag kritisiert auch die schleppende Familienzusammenführung: »Es gibt immerhin ein Menschenrecht auf Familienleben, wir reden nicht über eine großzügige Geste der Bundesregierung«. »Mit dem Bundesaufnahmeprogramm hat die Bundesregierung ein bürokratisches Monster geschaffen, das offensichtlich nicht den Zweck erfüllt, gefährdete Afghanen pragmatisch und schnell aus dem Land herauszuholen«, so Bünger zum »nd«.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.