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Assange darf Berufung gegen Auslieferung an die USA einlegen
Die Entscheidung des Londoner High Courts ist ein wichtiger juristischer Erfolg für den Whistleblower und Wikileaks-Gründer
Am Montagmittag gegen Viertel vor eins ging ein Jubel durch die Menge vor den Royal Courts of Justice. Mehrere hundert Protestierende hatten sich vor dem Gerichtsgebäude im Londoner Zentrum versammelt, um Julian Assange während seines jüngsten Auftritts vor der britischen Justiz beizustehen. Es war – wieder einmal – ein entscheidender Tag: Der 52-jährige Whistleblower und Gründer der Enthüllungsplattform Wikileaks, der seit vielen Jahren gegen seine Auslieferung an die USA kämpft, sollte erfahren, ob er das Recht hat, gegen seine Auslieferung Berufung einzulegen. Er musste nicht lange warten. Gleich im Anschluss an die Anhörung verkündeten die Richter des High Court ihr Urteil: Ja, Assange darf.
Es ist ein großer Erfolg für Assange und seine Unterstützer, und die Erleichterung in der Menge vor dem Gericht war spürbar. »Die Richter haben die richtige Entscheidung getroffen«, sagte Stella Assange, die Frau des Whistleblowers, im Anschluss ans Urteil. Sie bezeichnete die strafrechtliche Verfolgung ihres Ehemannes als eine »beschämende Attacke auf Journalisten und die Pressefreiheit, die seit 14 Jahren andauert«. Sie rief die USA auf, aufzugeben und die Anklage fallenzulassen. Der Entscheid des High Court stellt zwar nur einen Etappensieg dar, aber er gibt der Kampagne für die Befreiung Assanges enorm Rückenwind.
Ein kurzer Rückblick: Im Sommer 2022 gab das britische Innenministerium grünes Licht für die Auslieferung Assanges an die USA, wo er 17 Fällen von Spionage angeklagt ist. Seine Anwälte sagen, es drohen ihm dort bis zu 175 Jahre Haft. Assange wollte gegen die Auslieferung Berufung einlegen, aber im Juni 2023 urteilte ein Richter im High Court, dass es dafür keine rechtliche Grundlage gebe.
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Assanges Anwälte fochten diesen Entscheid an. Einen ersten Erfolg erzielten sie im März 2024: Die Richter – diesmal waren es zwei – stoppten die Auslieferung vorläufig. Sie ordneten an, dass die USA bestimmte Zusagen geben müsste. Unter anderem müsse Assange das Recht haben, sich auf das Erste Amendment der US-amerikanischen Verfassung zu berufen, also auf die Redefreiheit. Auch dürfe ihm nicht die Todesstrafe drohen, selbst wenn er später anderer Verbrechen schuldig gesprochen würde. Die Richter gaben den USA drei Wochen Zeit, entsprechende Zusicherungen zu geben.
Die Anwälte Assanges akzeptierten die Garantien der US-Justiz bezüglich der Todesstrafe. Aber was die Redefreiheit anbelangt, so argumentierten sie, dass die Zusagen bei Weitem nicht ausreichen. Am Ende stimmten die Richter den Anwälten Assanges zu, die Argumente der USA überzeugten sie offenbar nicht. Entsprechend gaben sie Assanges Berufungsantrag statt. Jetzt hat Assange mehrere Monate Zeit, sich auf die nächsten Schritte in seinem langwierigen Rechtskampf vorzubereiten.
Die Saga dauert seit bald fünfzehn Jahren an. Im Jahr 2010 machte Wikileaks mit einer Reihe von größeren Enthüllungen Schlagzeilen. Im April publizierte die Plattform ein Video, in dem zu sehen war, wie US-Truppen in Bagdad mehrere Zivilisten töten. Einige Monate später veröffentlichte Wikileaks rund 400 000 geheime US-Militärdokumente zum Irak-Krieg.
Kurz darauf, Anfang 2011, wurde Assange der Vergewaltigung beschuldigt, ein schwedisches Gericht erließ einen Verhaftungsbefehl. Der Whistleblower suchte 2012 Zuflucht in der ecuadorianischen Botschaft in London. Er wurde schließlich 2019 rausgeschmissen – die neue Regierung von Lenín Moreno war gegenüber dem prominenten Gast weit feindseliger eingestellt als sein Vorgänger Rafael Correa.
Zwei Monate nach seiner Verhaftung kam das Auslieferungsgesuch aus Washington: Die US-Justizbehörden wollten Assange in den USA den Prozess machen wegen Spionage. Die schwedische Anklage wegen Sexualverbrechen wurde noch im gleichen Jahr fallengelassen, aus Mangel an Beweisen. Der Kampf gegen die Auslieferung an die US-Justiz begann Anfang 2020.
Seither geht es hin und her. Im Januar 2021 blockierte eine Richterin die Auslieferung mit Verweis auf die psychische Verfassung Assanges: Es bestehe ein hohes Suizidrisiko. Aber der Entscheid wurde später gekippt, im Juni 2022 ordnete die britische Regierung die Auslieferung an die USA an. Nachdem der Berufungsantrag jetzt durchgekommen ist, geht der Streit in die nächste Runde.
Allerdings dränge die Zeit, sagte seine Frau Stella Assange nach der Urteilsverkündung am Montag. Die Inhaftierung im Londoner Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh, wo ihr Mann seit bald fünf Jahren sitzt, seien extrem belastend für ihn. »Wir sind jetzt erleichtert, aber wie lange kann dieser Fall noch weitergehen?«, sagte sie.
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