Athen: Europäische Aktivisten nach Besetzung in Abschiebehaft

Nach einem Pro-Palästina-Protest in der Rechtsfakultät droht die Polizei mit strafrechtlicher Verfolgung

Seit Dienstag vergangener Woche sitzen in Athen neun linke Aktivisten aus verschiedenen europäischen Ländern in Abschiebehaft. Sie wurden mit insgesamt 28 Personen, die meisten von ihnen aus Griechenland, von der Polizei festgenommen, nachdem sie bei einer Besetzung an der juristischen Fakultät gegen den Krieg Israels im Gazastreifen protestiert. Zu den Forderungen gehörte auch der Ausstieg aus der Zusammenarbeit der griechischen Universitäten mit dem israelischen Militär und dem Geheimdienst.

Nach Informationen des »nd« handelt es sich bei den Inhaftierten um zwei deutsche, eine britische, drei französische, eine spanische und zwei italienische Staatsangehörige. Zunächst seien sie zum Polizeipräsidium gebracht worden, Zugang zu Anwälten erhielten sie dem Bericht zufolge erst nach acht Stunden. Das berichten vier griechische Anwälte in einer Erklärung, die an Journalisten verschickt wurde.

Ein Athener Gericht hat am Tag nach der Festnahme die Freilassung aller Verhafteten angeordnet. Darüber habe sich die Polizei aber hinweggesetzt und die neun europäischen Angeklagten in Handschellen stattdessen zur Ausländerbehörde der Hauptstadt gebracht, heißt es. Dort wurde den Anwälten der Festgenommenen erklärt, dass ihre Mandanten eine »Gefahr für die öffentliche Ordnung und die nationale Sicherheit« darstellen. Die Ausländerbehörde habe sie anschließend als »unerwünschte Ausländer« in eine Datei mit abzuschiebenden Personen aufgenommen.

Die acht Frauen und ein Mann wurden anschließend in das Athener Verwaltungsgefängnis Amygdaleza verlegt. Dabei handelt es sich um ein geschlossenes, bewachtes Zentrum, in dem auch Geflüchtete zur Abschiebung festgehalten werden. Die Unterbringung erfolgt in Containern, wie bei der Ausländerbehörde gibt es in Amygdaleza keine Dolmetscher, berichten die Anwälte. Am Samstag erhielten alle Inhaftierten schließlich die Ausweisungsverfügung.

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Die Festnahme verstößt gegen die Freizügigkeit von EU-Staatsangehörigen im Schengen-Raum, kritisieren die Anwälte. Daran ist Griechenland als Unionsmitglied eigentlich gebunden – außer im Fall der festgenommenen Person aus Großbritannien. Ausweisungen aus Gründen der öffentlichen Ordnung, der öffentlichen Sicherheit oder der öffentlichen Gesundheit sind zwar möglich, müssen aber verhältnismäßig sein.

Einige der Inhaftierten lebten zudem in Griechenland, heißt es in der Erklärung, die meisten hätten Mietverträge oder Arbeitsverträge, die von den Behörden auch überprüft werden könnten.

Griechische Medien hatten Informationen über die Inhaftierung und Abschiebung der neun Personen veröffentlicht, bevor die Betroffenen selbst oder ihre Anwälte darüber informiert wurden. Dadurch wurde die Unschuldsvermutung der Betroffenen verletzt, kritisieren die Anwälte. Deshalb und wegen des anfangs fehlenden Zugangs zu einem Rechtsbeistand sowie Dolmetschern wollen sie rechtlich vorgehen.

Auch gegen die Abschiebungverfügung haben die Inhaftierten Beschwerde eingelegt. Darüber verhandelt ein Athener Verwaltungsgericht am morgigen Donnerstag. Am 28. Mai sollen dann die strafrechtlichen Vorwürfe verhandelt werden, hierzu gehören »Störung der öffentlichen Ordnung« und »Vandalismus« sowie der Besitz von Waffen, womit von der Polizei Bengalo-Fackeln gemeint sind. Auch hätten die Festgenommenen die Zusammenarbeit mit der Polizei verweigert, da sie keine Fingerabdrücke abgeben wollten.

Nach dem Studentenaufstand 1973 und dem Sturz der Militärdiktatur war der griechischen Polizei das Betreten von Hochschulgelände jahrzehntelang untersagt. 2022 hat die konservative Regierung unter Premier Kyriakos Mitsotakis ein Gesetz gegen dieses »Universitäts-Asyl« erlassen und unter anderem mit dort stattfindender »Anarchie« begründet. Anschließend startete die Polizei eine Räumungswelle gegen Studenten, die immer wieder und auch für längere Zeit Hörsäle oder andere Räumlichkeiten besetzt hielten.

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