Asien: Peking startet Charmeoffensive

Südkorea, Japan und China treffen sich in angespannten Zeiten

  • Felix Lill
  • Lesedauer: 4 Min.

Der Ton, der am vergangenen Wochenende aus China zu vernehmen war, wirkte fast schon harmoniebedürftig. »Nordostasien braucht stabile Verbindungen zwischen China, Japan und der Republik Korea«, titelte das Pekinger Staatsblatt »China Daily« am Sonntag in einem Leitartikel. Wegen historischer Differenzen sei es besonders wichtig, dass es nun Austausch gebe, hieß es – und dies sei auch im Interesse dieser drei großen Volkswirtschaften Asiens. Man müsse dringend aufeinander zugehen.

Der Text, verfasst vom Leiter eines chinesischen Forschungsinstituts, lässt aufhorchen. Denn wenige Tage zuvor gab es aus Peking noch Kriegsdrohungen: Am Donnerstag begann China mit großen Militärmanövern rund um die Insel Taiwan. Hintergrund war, dass in Taiwan der neue Präsident William Lai sein Amt angetreten hatte. China, das Taiwan als Teil seines Territoriums betrachtet, hält Lai für illegitim. Umso mehr, da dieser gesagt hatte, Taiwan und Festlandchina seien sich einander nicht untergeordnet.

Peking droht mit Blutvergießen

Vertreter aus Peking drohten gegenüber Taiwan gar mit Blutvergießen. Und die Manöver, die das Heer, die Marine, die Luftwaffe sowie Raketentruppen beinhalteten und unter anderem eine Seeblockade simulierten, waren auch ein Signal an andere Staaten, die Taiwan für den Fall eines Angriffs durch China ihre Unterstützung signalisiert haben: Die USA sowie deren Verbündete Südkorea und Japan sollten wohl verstehen, dass sie in Chinas »innere Angelegenheiten« mit Taiwan nicht einzugreifen haben.

Nun haben sich die Regierungen von Südkorea, China und Japan in der südkoreanischen Hauptstadt Seoul zu einem trilateralen Gipfel getroffen. Und vorab waren plötzlich wieder mehrere Avancen aus China zu vernehmen. Neben dem erwähnten Beitrag im »China Daily« wurde auch angedeutet, dass sich die Beziehungen zwischen den drei großen Volkswirtschaften Asiens noch vertiefen könnten, wenn Japan und Südkorea nur »strategisch autonom« würden. Der Wunsch Pekings sei vorhanden.

Der Hinweis auf »strategische Autonomie« war zwar eine unmissverständliche Aufforderung Chinas, dass sich Südkorea und Japan von ihrem Sicherheitspartner USA, dem größten geopolitischen Rivalen Chinas, distanzieren sollen. Doch dies wird bis auf Weiteres kaum geschehen: Sowohl in Seoul als auch in Tokio ist man in hohem Grad vom US-Militär abhängig, auch die ökonomischen Beziehungen zu den USA sind intensiv. Die Staaten eint – im Gegensatz zu Festlandchina – die liberale Demokratie.

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Entspannungssignal aus Seoul

Trotzdem ist das, was sich am Sonntag und Montag in Seoul abgespielt hat, von Bedeutung. Denn inmitten enormer geopolitischer Spannungen haben es Südkorea, Japan und China – drei Staaten, die allesamt untereinander verstritten sind, nicht zuletzt wegen des Zweiten Weltkriegs und des Koreakriegs in den 50er Jahren – geschafft, sich wieder einmal zu treffen. Zwischen den drei Staaten, die gemeinsam ein Viertel der Weltwirtschaft ausmachen, war es der erste trilaterale Gipfel seit vier Jahren.

Und ein echter Wille zu stärkerer Kooperation, trotz aller Rivalität, scheint vorhanden zu sein. Der gastgebende Präsident Südkoreas, Yoon Suk-yeol, erklärte am Montag, dass trilaterale Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen wiederaufgenommen werden sollen. Schon zwischen 2012 und 2019 hatte es solche Verhandlungen gegeben, die dann aber endeten. Seit 2022 sind Südkorea und Japan über das multilaterale pazifische Abkommen RCEP handelspolitisch verzahnt, das China aber ausschließt.

Trotz aller Hürden: Dass dieser Gipfel zwischen Südkorea, Japan und China überhaupt stattgefunden hat, gilt als starkes Signal für die Bereitschaft, auch künftig miteinander zu sprechen. Und gerade für China erscheint ein Austausch derzeit besonders bedeutsam. Die Wirtschaft schwächelt seit einiger Zeit, durch vertiefte Beziehungen erhofft man sich belebende Impulse.

Keinerlei Impulse will Peking dagegen in seinem Umgang mit Taiwan erhalten. Nach den großen Militärmanövern Ende vergangener Woche gab es international viel Kritik. Japans Premier Kishida erklärte am Montag, er habe die Haltung Tokios, dass China nicht einseitig den Status quo ändern dürfe, klar kommuniziert. Chinas Ministerpräsident Li Qiang dagegen gab zu verstehen, eine ausländische Einmischung in den Status Taiwans sei eine »rote Linie«, die nicht überschritten werden dürfe. Insofern doch keine Annäherung.

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