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Europas Finanzen: Was die Parteien sagen
Am Sonntag entscheiden die Wähler auch darüber, woher das Geld für die gigantischen EU-Investitionsvorhaben kommen soll
Europa hat sich viel vorgenommen: Das Klima soll per Elektrifizierung gerettet werden, die EU will sich unabhängiger von Lieferbeziehungen zu den USA und vor allem zu China machen und dafür eigene Produktionsstätten von Computerchips, Batterien und Künstlicher Intelligenz ausbauen. In diesen Zielen sind sich die großen deutschen Parteien im Wesentlichen einig und fordern vor allem eins: Investitionen! Uneinigkeit besteht allerdings in der Frage, woher das Geld dafür kommen soll. Im Folgenden werden die verschiedenen Positionen in den Europawahlprogrammen dargestellt – entlang der Themen Größe des EU-Haushalts, Eigenmittel für die EU, gemeinsame EU-Schulden und Stabilitätspakt, der die Höhe der erlaubten Verschuldung der EU-Staaten regelt.
Die AfD möchte die EU zurechtstutzen auf eine Freihandelszone von Nationalstaaten, zwischen denen möglichst keine oder nur geringe Finanzflüsse bestehen. Deutschland müsse daher »die Transferunion des Euro-Systems aufkündigen«, weil sie »auf Kosten des deutschen Steuerzahlers« gehe. Der EU sollen Macht und Mittel entzogen und ihr Haushalt deutlich verkleinert werden. Denn die AfD ist gegen eine »zentralistische Geld- oder Wirtschaftspolitik«, zum Beispiel »ideologisch motivierte Green-Deal-Projekte«, bei denen »EU-Bürokraten« Geld »nach Gutsherrenart« ausgeben. Konsequenterweise ist die AfD gegen gemeinsame EU-Schulden und lehnt alle Steuern ab, mit denen die EU sich Eigenmittel beschaffen könnte: Mindestbesteuerung von Großkonzernen, Finanztransaktionssteuer oder CO2-Bepreisungen. Für die Förderung armer Regionen sollen die Mitgliedstaaten laut AfD selbst verantwortlich sein.
Die FDP lehnt EU-Eigenmittel zwar nicht rundweg ab, fordert hier aber »Zurückhaltung«, insbesondere bei der Besteuerung von Unternehmensgewinnen. Gemeinsame EU-Schulden wie im Rahmen des Wiederaufbaufonds NGEU müssten eine »einmalige Ausnahme« bleiben, gemeinsame europäische Schuldenaufnahme über Eurobonds werden ausgeschlossen. Gleichzeitig beharrt die FDP darauf, dass die hoch verschuldeten EU-Mitgliedstaaten ihre Schulden glaubwürdig abbauen. Den Rahmen hierfür bildet der reformierte Stabilitätspakt, der den Staaten mehr Flexibilität und Zeit zum Schuldenabbau gibt, diesen aber weiter erzwingt.
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Die CDU hält sich eher bedeckt: Auch sie argumentiert gegen eine »Schuldenunion«. »Allen Formen der Haftung Deutschlands für Schulden anderer Staaten erteilen wir eine klare Absage«, so die CDU, wobei eine derartige Haftung indirekt schon besteht, beispielsweise bei den Mitteln des Wiederaufbaufonds NGEU – der soll laut CDU aber eine Ausnahme bleiben. Wichtig ist der CDU, dass »keine europäischen Gelder in Sozialprogramme der Mitgliedstaaten fließen«. Wie FDP und SPD zielt die CDU auf die Schaffung einer EU-Kapitalmarktunion, die privaten Investoren die Anlage wie auch die Aufnahme von Investitionsmitteln bei geringen Zinsen erleichtern soll.
»Wenn die EU wie in den vergangenen Jahren vielfältige neue Aufgaben übernimmt, soll sie auch die dazu nötigen Mittel erhalten«, schreibt die SPD. Das klingt nach mehr Geld für den EU-Haushalt. Dafür soll dieser Haushalt unabhängiger von den Beiträgen nationaler Regierungen werden und echte Eigenmittel erhalten: zum Beispiel aus einer Finanztransaktionssteuer auf alle Wertpapier- und Devisentransaktionen, aus Besteuerung von Aktienrückkäufen und aus Einnahmen aus dem neuen CO2-Grenzausgleichsmechanismus der EU (CBAM). Den Stabilitätspakt hat die Ampel-Regierung gerade mit reformiert, diesen will die SPD »weiterentwickeln«. Zudem sieht sie im NGEU ein Modell für die Zukunft und fordert – wie auch die Grünen – eine europäische Arbeitslosenrückversicherung, also europäische Kredite zur Stützung von Ländern in Notlagen – allerdings »ohne dass es hierbei zu dauerhaften Finanztransfers kommt«.
Deutlich weiter in Sachen Vergemeinschaftung der Finanzen gehen die Grünen. Sie wollen die finanzielle Ausstattung der EU durch neue Eigenmittel und höhere nationale Beiträge »deutlich« verbessern. Eigenmittel soll die EU erhalten durch die Beteiligung an den Geldschöpfungsgewinnen der Europäischen Zentralbank (EZB) und am CBAM. Den Stabilitätspakt finden die Grünen »zu restriktiv« und wollen den Nationalstaaten mehr Raum für schuldenfinanzierte Investitionen verschaffen. In Sachen gemeinschaftliche europäische Schulden sehen die Grünen den NGEU »als Vorbild für eine effektive gemeinsame europäische Finanzierung von großen Investitionsvorhaben«.
Laut Programm der Linken »muss der EU-Haushalt doppelt so groß sein, um die zahlreichen Krisen in der EU zu meistern und eine regional ausgeglichene Entwicklung zu ermöglichen«. Die Gelder dafür sollen neue Steuern für transnationale und multinationale Konzerne bringen, eine Finanztransaktionssteuer und eine Gesamtbesteuerung von Konzernen auf EU-Ebene. Dabei »dürfen Gelder aus dem EU-Haushalt nicht an Sozialkürzungen oder die Einschränkung von sozialen und Arbeitsrechten in den Mitgliedstaaten gebunden werden«. Die Linke befürwortet Eurobonds, die idealerweise von der EZB garantiert werden, der erlaubt werden soll, den EU-Haushalt zu finanzieren. Der Stabilitätspakt soll so reformiert werden, dass die Nationalstaaten öffentliche Nettoinvestitionen über Kredite finanzieren dürfen.
Das BSW wiederum plädiert für eine strikte Trennung: Der EU-Haushalt soll nicht weiter wachsen, und die EU soll Kompetenzen an die Nationalstaaten abgeben. »Die Einführung neuer Eigenmittel für die EU lehnen wir ab«, damit die EU-Kommission nicht mehr Einfluss gewinnt. »Immer mehr Gelder nach Brüssel zu transferieren, ist der falsche Weg.« Vielmehr sollen EU-Mitgliedstaaten durch die Reform des Stabilitätspakts – der »europäischen Schuldenbremse« – mehr eigene Spielräume erhalten, um zu investieren. Deutschland und Europa müssen zur goldenen Regel zurückkehren, die Kredite im Umfang der Investitionen ermöglicht, und dabei eine gemeinsame Definition von Investitionen etablieren.
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