Tiefer in die Krise: Die Linke an der Abbruchkante

Die Linke rutscht bei der Europawahl weiter in die Krise. Das BSW hat ihr weit mehr geschadet als der AfD

Natürlich feiert das Bündnis Sahra Wagenknecht sein Ergebnis bei der Europawahl als Erfolg. Zwar hatte man sich ursprünglich, geblendet von ersten teils fragwürdigen Umfragen, intern mehr ausgerechnet. Aber gut fünf Prozent für eine neue Partei – das ist beachtlich.

Das BSW wollte die AfD schwächen, und die Rechtsaußenpartei ist tatsächlich sei Jahresbeginn ein Stück abgerutscht. Aber da spielt vieles hinein: die Massenproteste gegen faschistische Remigrationspläne, die Skandale um korrupte und Nazipolitiker in der AfD, die Bewertung durch den Verfassungsschutz, das Rechtsblinken von Teilen der Union und neben manchem anderen auch das Angebot des BSW. Das jedoch auch nicht verhindert hat, dass die AfD im Osten der klare Sieger ist.

Wen die Wagenknecht-Truppe wirklich geschwächt hat, und zwar bis über die Schmerzgrenze: Die Linke. Was durchaus ein Ziel gewesen sein dürfte. Man muss leider konstatieren, dass eine von Ressentiments getriebene, auf das Nationale verengte, intolerante Politik in Krisenzeiten auch bei Leuten Anklang findet, die sich dem linken Lager nahe fühlen. Perspektivisch bringt das nichts, denn das BSW verschließt die Augen vor Veränderungen, die unausweichlich kommen, beispielsweise in Sachen Klimawandel. Und es verspricht den Leuten, die vermeintlich gute alte Zeit irgendwie in ein unsicheres Morgen zu retten.

Die Linke muss sich allerdings ernsthaft fragen, warum sie dem in den Augen viel zu vieler Wähler viel zu wenig entgegenzusetzen hat. Ihr Abwärtstrend bei Wahlen, der seit Längerem anhält, geht ungebremst weiter. Die fetten Jahre sind längst vorbei. Allerspätestens jetzt ist klar, dass die Krise dieser Partei viel zu tief geht, als dass allein die Wagenknecht-Abspaltung sie heilen könnte. Da helfen auch ein Feuerwerk an sozialpolitischen Vorschlägen in den letzten Monaten und der Zustrom neuer, junger Mitglieder zumindest vorerst nicht.

Kann gut sein, dass nun nach personellen Veränderungen an der Spitze der Linkspartei gerufen wird. Denn die Partei steht an der Abbruchkante. Nächstes Jahr geht es bei der Bundestagswahl ums politische Überleben, und dann sind mindestens fünf Prozent Pflicht. Und zuvor, im September 2024, muss Die Linke aufpassen, dass sie nicht aus einem der ostdeutschen Landtage rausfliegt. Es wäre ein Offenbarungseid. Zu gewinnen hat diese Linke, wie es aussieht, so schnell nichts. Sie muss vorerst schon froh sein, wenn sie nicht noch mehr verliert.

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