Thüringen: Im Großen sehr blau, im Kleinen etwas weniger

In der zweiten Runde der Thüringer Landratswahlen unterlagen alle Kandidaten der AfD sowie Neonazi Frenck

Bittere Niederlage: Der langjährige Oberbürgermeister von Thüringens Landeshauptstadt Erfurt, Andreas Bausewein (l, SPD), gratuliert seinem Herausforderer Andreas Horn (r, CDU) zum Sieg in der Stichwahl
Bittere Niederlage: Der langjährige Oberbürgermeister von Thüringens Landeshauptstadt Erfurt, Andreas Bausewein (l, SPD), gratuliert seinem Herausforderer Andreas Horn (r, CDU) zum Sieg in der Stichwahl

Auch in den nächsten Jahren wird Robert Sesselmann im Landkreis Sonneberg der einzige Chef eines Thüringer Landratsamtes mit AfD-Parteibuch bleiben. Denn wenngleich die AfD bei der Europawahl im Freistaat die mit Abstand stärkste Kraft geworden ist: In den zwölf Landkreisen, in denen es Kandidaten der extrem rechten Partei in die Stichwahl geschafft hatten, unterlagen sie ihren Konkurrenten, die von CDU, SPD und Freien Wählern kamen. In einem Fall setzte sich eine parteilose Amtsinhaberin durch.

Damit verfehlte die AfD eines ihrer zentralen Ziele bei den Kommunalwahlen. Und im Landkreis Hildburghausen unterlag auch der bundesweit bekannte Neonazi Tommy Frenck wie erwartet seinem bereits in der ersten Runde weit vorn liegenden Herausforderer Sven Gregor (Freie Wähler). Erschreckend aber bleibt – neben der Tatsache, dass Frenck entgegen der Rechtslage überhaupt als Landratskandidat zugelassen worden war –, dass er in der Stichwahl noch einmal mehr Stimmen erhielt als im ersten Wahlgang. Auf Frenck entfielen in der Stichwahl nach Angaben des Landeswahlleiters rund 10 300 Stimmen, auf Gregor 23 500. Gregor gewann demnach mit 69,5 Prozent der Stimmen, auf Frenck entfielen 30,5 Prozent.

Wahljahr Ost

Das Wahljahr 2024 ist kein beliebiges. Schon lange nicht mehr war die Zukunft der Linken so ungewiss, noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik waren die politische Landschaft und die Wählerschaft so polarisiert, noch nie seit der NS-Zeit war eine rechtsextreme, in Teilen faschistische Partei so nah an der Macht. Wir schauen speziell auf Entwicklungen und Entscheidungen im Osten, die für ganz Deutschland von Bedeutung sind. Alle Texte unter dasnd.de/wahljahrost.

Dass die AfD in Thüringen keinen weiteren Landrat stellt, ist fast überraschend, wenn man bedenkt, dass sie ihr Europa-Wahlergebnis im Freistaat gegenüber 2019 um etwa 8 Prozent verbessern konnte. Nach Angaben des Landeswahlleiters kam sie auf etwa 31 Prozent der gültigen Stimmen. Die CDU kommt insgesamt auf etwa 23 Prozent der bei der Europawahl abgegebenen Stimmen und wird damit nach der AfD zweitstärkste Kraft, mit einem Minus von 1,5 Prozentpunkten gegenüber 2019.

Selbst im Altenburger Land im Osten Thüringens, wo AfD-Kandidat Heiko Philipp und CDU-Bewerber Uwe Melzer sich zu Beginn der Stimmenauszählung ein Kopf-an-Kopf-Rennen lieferten, lag Melzer zum Ende der Auszählung mit einem Stimmanteil von genau 55 Prozent verhältnismäßig klar vor Philipp, auf den genau 45 Prozent der abgegebenen Stimmen entfielen.

In allen anderen Landkreisen unterlagen die AfD-Kandidaten noch deutlicher. In den Landkreisen Gotha, Saale-Holzland und Greiz erzielten die Kandidaten von SPD und CDU – Onno Eckert für die Sozialdemokraten sowie Johann Waschnewski und Ulli Schäfer für die Union – sogar Ergebnisse von mehr als 60 Prozent. Aber während die Region Gotha ebenso in SPD-Hand bleibt wie der Kyffhäuserkreis, wo Landrätin Antje Hochwind-Schneider im Amt bestätigt wurde, mussten die Sozialdemokraten zwei andere wichtige kommunale Mandate abgeben.

Einmal ist nun klar, dass die Freien Wähler mit Gregor im Kreis Hildburghausen den Landrat stellen werden. Darüber hinaus waren sie im Unstrut-Hainich-Kreis erfolgreich, wo sich ihr Kandidat Thomas Ahke deutlich gegen den langjährigen SPD-Amtsinhaber Harald Zanker durchgesetzt hat. Auf Ahke, einen bislang nicht kommunalpolitisch in Erscheinung getretenen Banker, entfielen rund 57 Prozent der abgegebenen Stimmen.

Noch schmerzhafter für die SPD dürfte aber sein, dass sie nach 18 Jahren nicht mehr den Oberbürgermeister in Thüringens größter Stadt stellt: In Erfurt hat sich CDU-Bewerber Andreas Horn deutlich gegen den sozialdemokratischen Langzeit-Amtsinhaber Andreas Bausewein durchgesetzt, der zuletzt immer isolierter Politik gemacht hatte. Ungefähr zwei Drittel der abgegebenen Stimmen entfielen in der Landeshauptstadt auf Horn, nur etwa ein Drittel auf Bausewein.

In den anderen beiden größeren Städten Thüringens, Gera und Jena, waren der CDU-Bewerber Kurt Dannenberg (CDU) und der schon amtierende Oberbürgermeister Thomas Nitzsche (FDP) erfolgreich. Dannenberg setzte sich gegen den bisherigen parteilosen Amtsinhaber Julian Vonarb durch.

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