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Flüchtlingsunterkunft im Wendland: Beschwerden über Zustände
Der Einrichtung in Neu Tramm fehlt es nicht nur an Kochstellen und Deutschkursen. Die Schlafräume lassen sich nicht abschließen
Die Vorwürfe haben es in sich. Nicht menschenwürdig sei die Unterbringung im Wohnheim für Geflüchtete in Neu Tramm, hatten Bewohner vergangene Woche in einem Schreiben an den Landkreis Lüchow-Dannenberg und den Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) als Betreiber der Einrichtung geklagt. Unter anderem hatten sie eine »schlechte Essensversorgung durch einen Caterer« statt eigener Kochmöglichkeiten, fehlenden Internetzugang und fehlende Schlüssel für die Schlafräume kritisiert. Es gebe auch keine ausreichenden Angebote für Deutschunterricht.
»In den anderen Lagern haben sie uns Gutscheine für Medikamente und Kleidung gegeben und hier haben sie uns diese Unterstützung nicht gegeben«, hieß es weiter in dem vom niedersächsischen Flüchtlingsrat verbreiteten Protestschreiben. Und »eine endgültige Lösung für die Überführung in eine menschenwürdige Unterkunft« sei ebenfalls nicht in Sicht. Die Einrichtung in Neu Tramm besteht aus Teilen einer ehemaligen Kaserne. Der Landkreis hatte die Gebäude, in denen bis zu 350 Menschen unterkommen können, im vergangenen Jahr vom Bund gemietet. Die Kritik an den Zuständen ist nicht neu: Bereits im April hatten sich Bewohnende mit einer Petition an den Landkreis und den ASB gewandt.
Die Behörde verteidigt die Lebensbedingungen in der Geflüchtetenunterkunft. Es habe den Anschein, dass Beschwerden von außenstehenden Personen und Initiativen gezielt beeinflusst oder gesteuert worden seien, sagte ein Kreissprecher auf nd-Anfrage. »Wenn überzogene und unrealistische Forderungen erhoben werden, dient dies nicht einer Integration und einem gesellschaftlichen Zusammenleben.«
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Der grundsätzlich verständliche Wunsch von Bewohnern nach eigenen Küchen sei »nachvollziehbar, aber bau- und brandschutzrechtlich in der angemieteten Immobilie leider nicht realisierbar«. Um dennoch ein Angebot zu schaffen, habe der Landkreis gemeinsam mit dem ASB eine erste kleine Küche mit einer Grundausstattung im Gemeinschaftsbereich eingerichtet. Weiterhin solle eine Küche mit vier einzelnen Kochinseln als zusätzliches Angebot geschaffen werden.
Wie in anderen Gemeinschaftsunterkünften erfolge die Verpflegung in Neu Tramm über einen Caterer, der auch andere Gemeinschaftsunterkünfte, Altenheime und Kindergärten beliefere, erläuterte der Sprecher weiter. Neben einem Frühstücksbuffet mit Brötchen sowie Heiß- und Kaltgetränken gebe es täglich zwei Mittagessen mit Beilagen und Dessert zur Auswahl, abends werde ein weiteres Buffet angeboten. Schulkindern würde täglich eine extra Schulverpflegung mit geschmierten Broten, Obst und Getränken zubereitet.
Dass es keinen Zugang zum Internet gebe, weist der Kreissprecher zurück: »Internet ist im Bereich der Unterkunft vorhanden. Es wird von den Menschen regelmäßig genutzt, und die WLAN-Versorgung wird auf dem weitläufigen Gelände weiter ausgebaut.« In Neu Tramm werde auch täglich Deutschunterricht für Geflüchtete angeboten. Bislang gebe es einen Klassenraum mit Schulbänken und Sofas im hinteren Bereich. »Viele Frauen bringen ihre kleinen Kinder mit in den Unterricht und legen sie dort schlafen«, so der Sprecher. Zugleich sähen Landkreis und ASB den Bedarf an mehr Sprachkursen, weitere Klassenräume seien geplant und Lehrkräfte würden gesucht.
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