- Wirtschaft und Umwelt
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Kommunen in der Wasserstoff-Zwickmühle
Bei der Wärmeplanung sind andere Wege ratsam, selbst wenn ein Gasnetz existiert
Die Nachricht dürfte in der Gaswirtschaft die Runde machen: In Markt Hohenwart in Oberbayern werden seit vergangenem Winter zehn Haushalte und eine Schreinerei mit Wasserstoff zum Heizen versorgt – und zwar über das vorhandene Gasleitungsnetz. Dieses könne also auch mit 100 Prozent Wasserstoff betrieben werden, schließen die beteiligten Versorger aus Bayern und Thüringen aus dem Testlauf.
Mit Wasserstoff zu heizen – vor dieser Geschäftsidee warnt indes ein am Mittwoch veröffentlichtes Rechtsgutachten. Klima- und Umweltverbände hatten die Hamburger Umweltrechtskanzlei Günther beauftragt, das Wärmeplanungs- und das Gebäudeenergiegesetz daraufhin zu untersuchen, welche Spielräume, Rechte und Pflichten Kommunen bei der Bewertung von Wasserstoff haben. Die Frage ist akut. Großstädte müssen bis Mitte 2026 eine kommunale Wärmeplanung vorlegen, kleinere Gemeinden bis Mitte 2028. Dabei müssen sie, wird im Gutachten betont, für jedes Teilgebiet der Gemeinde, in dem ein Gasverteilnetz liegt, abwägen, ob die Umstellung auf Wasserstoff die voraussichtlich kosteneffizienteste Art einer klimaneutralen Wärmeversorgung sein wird. Vorher müssen die Netzbetreiber den Kommunen noch mitteilen, ob Wasserstoff überhaupt verfügbar ist.
Die juristischen Gutachter stehen dem Verheizen von Wasserstoff generell sehr skeptisch gegenüber. Er sei für die Wärmeversorgung zu energieaufwändig in der Herstellung und werde für lange Zeit kaum verfügbar und sehr teuer sein, stellen sie fest. Um Gebäude zu heizen, gebe es effizientere und kostengünstigere Alternativen.
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Die Kommunen stecken hier mehrfach in der Zwickmühle. Das liegt an den gesetzlichen Fristen zur Wärmeplanung, den wirtschaftlichen und klimapolitischen Erwägungen sowie an den Abhängigkeiten von den Gasversorgern und deren Wasserstoff-Lobbyismus. Entsprechend vorsichtig fällt der gutachterliche Rat aus: Die Kommunen sollten bei den weitreichenden Festlegungen in der Planung der Wärme- und Wasserstoffnetze der »realistischen Machbarkeit« den Vorrang gegenüber den theoretischen Vorteilen geben. Das liege im Interesse der Gebäudeeigentümer und Wärmekunden, vor allem damit nicht eine unrealistische Planung dann fehlgehe. Kurz gesagt: Heizungsträume mit Wasserstoff werden größtenteils Fiktion bleiben und lösen sich auf, wenn die Leute dann ohne eine Heizungsalternative dastehen.
Ein klares Fazit aus dem Gutachten zieht Wiebke Hansen. »Kommunen sollten nicht mit Wasserstoff zum Heizen planen, weil es unrealistisch ist, dass grüner Wasserstoff dafür verfügbar und bezahlbar sein wird«, betont die Energieberaterin vom Mitauftraggeber Umweltinstitut München. Sie begrüßt, dass das Gutachten die Kommunen rechtlich darin bestärkt, die von der Gasbranche forcierte Umstellung der Gasnetze auf Wasserstoff abzulehnen. Mit einer klaren Ankündigung, dass es keinen Wasserstoff zum Heizen geben wird, könnten Kommunen ihre Bürger vor Fehlinvestitionen in die »H2-ready«-Technologie schützen, so Hansen.
Das Gutachten rät den Kommunen auch dringend dazu, Entscheidungen der Wärme- und Wasserstoffnetzplanung nicht vollständig privaten Planungsdienstleistern zu übergeben. Dies wäre rechtswidrig, und mindestens sollten die Gemeinden von den Netzbetreibern auch konkrete Zusagen zur Übernahme wirtschaftlicher Risiken einfordern.
Gleichwohl sind die Kommunen laut dem Gutachten verpflichtet, alle Akteure zu beteiligen und deren Vorschläge zu prüfen. Die Kommune kann also nicht so tun, als gäbe es die Option Wasserstoff überhaupt nicht, und kann nicht einfach einen Anschlusszwang für Nah- und Fernwärme aus Wärmepumpen, Abfallverbrennung, Geothermie oder Solarthermie beschließen. Ob ein solcher »Zwang« möglich sei, hänge letztlich von der Wirtschaftlichkeit ab, erläutert Wiebke Hansen.
Ihrer Erfahrung nach gibt es allerdings keine Gemeinde, in der dieses Kriterium für das gesamte Gemeindegebiet oder über die ganze Ausdehnung des Gasnetzes gegeben ist. Wärmenetze seien dort am wirtschaftlichsten, wo pro Meter Leitungslänge die meiste Wärme nachgefragt wird, sagt Hansen. Das treffe vor allem auf verdichtete Gebiete mit Mehrfamilien- und Hochhäusern zu. Die Frage nach einem Wasserstoffnetzgebiet stelle sich überhaupt nur dort, wo heute schon Gasnetze liegen und Wärmenetze nicht wirtschaftlich sein werden. Das seien vor allem Einfamilien- und Reihenhaussiedlungen. Auch da eigne sich Wasserstoff aber letztlich nicht zum Heizen. Kommen in so einem kommunalen Gebiet weder Fernwärme noch ein Wasserstoffnetz infrage, wird es zu einem Gebiet dezentraler Versorgung erklärt. Die Bewohner müssen dann selbst gewährleisten, dass sie die gesetzlichen Vorgaben einhalten.
Damit ist zumindest klar: Selbst wenn ein altes Gasnetz 100 Prozent Wasserstoff vertragen sollte, heißt das noch lange nicht, dass die Haushalte künftig mit H2 heizen werden.
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