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Diversity und Exklusion

Hobbies wie Brunch, Konsum und Pool-Besuche einen die Migrantengesellschaft in den USA

Die Amerikaner haben uns Deutschen viel voraus – das Fensterputzen gehört allerdings nicht dazu. Es dürfte sich auch in diesen Häusern in New York City schwierig gestalten.
Die Amerikaner haben uns Deutschen viel voraus – das Fensterputzen gehört allerdings nicht dazu. Es dürfte sich auch in diesen Häusern in New York City schwierig gestalten.

Howdy aus Texas, liebe Lesende,

sind die Amis besser als wir? Diese Frage stelle ich mir oft, ich bin ja nicht umsonst aus Deutschland nach Amerika gezogen. Ihre Unzulänglichkeiten bemerkt man schnell: Die US-Amerikaner fahren schlechter Auto als wir ̶ sie blinken selten, überholen von rechts, wissen nie, wer Vorfahrt hat, und bremsen oft komplett grundlos. Sie sind schlechtere Gourmets, weil sie beim Essen hetzen, alles versalzen und keine Ahnung von guten Produkten und Tischmanieren haben. Sie sind auch schlechtere Homöopathen, weil sie sich mit Tabletten vollpumpen und so tun, als sei man ein Hippie, wenn man ihnen einfache gesunde Lösungen wie frische Luft empfiehlt. Auch sind sie schlechtere Baumeister: Hähne, Rohre, Türklinken, Lichtschalter, Fußlatten ̶ alles bricht in kurzer Zeit ab und ein, während es in Deutschland gefühlt ein Jahrhundert hält. Am deutlichsten wird unsere deutsche Überlegenheit aber beim Fensterputzen. Schon die englische Fensterkonstruktion ist erbärmlich (alles Schlechte in den USA kommt ja irgendwie von den Briten): Die Fenster lassen sich so schwer öffnen, dass den meisten wohl von vornherein die Lust am Waschen vergeht. Und dann wird von den professionellen Fensterputzern, die hier alle um uns herum nur einmal im Jahr ̶ bloß nicht öfter! ̶ engagieren, nicht einmal der Fensterrahmen gewischt. »Pfui!«, möchte man schreien, oder auch: »Ew!«

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Mit der Zeit bemerkt man aber auch eine latente Ami-Überlegenheit. Sie sind besser in Sachen Business, schließlich haben sie die beste Wirtschaft der Welt, und damit verbunden ist auch ihr beneidenswertes Talent, viel mehr Geld zu verdienen, als es bei uns je möglich wäre. Egal ob »Finance Bro«, Mukbang-TikToker (jemand, der sich beim Vollfressen filmt) oder ein das eigene Badewasser verkaufendes Only-Fans-Mitglied ̶ die Möglichkeiten, in den USA tonnenweise Kohle abzustauben, sind grenzenlos. 100 000 Dollar jährlich gilt hier dreisterweise als »Starter-Gehalt«. Als ich in Deutschland lebte, waren 100 000 für mich als Geisteswissenschaftlerin ein Lebensgehalt! Im Spaßhaben sind die Amerikaner uns ebenfalls überlegen, oder gibt’s in Deutschland zu jeder mickrigen Gelegenheit Mottopartys? Die amerikanische Gesellschaft ist, wie ich schon öfter berichtete, kinderfreundlicher, und wie ich finde, besser in Sachen Diversity. Wie, fragen Sie, soll das möglich sein? Bei all den Rassismus-Fällen im Land? Dem Bau der Mexiko-Mauer, dem Mord an George Floyd, der Welle des Asien-Hasses während der Pandemie, der Islamophobie nach 9/11 und dem Antisemitismus an den Uni-Campus?

Wenn man von den Irren und Radikalen aber einmal absieht, dann merkt man, dass die Amerikaner in Diversität und Inklusion wesentlich weiter sind als wir Deutschen (und der Rest Europas). Es gibt in meiner Heimatstadt, dem Mega-Multikulti-Hamburg (40 Prozent der Bevölkerung haben einen Migrationshintergrund!), unzählige deutsche Familien, die überhaupt keinen Kontakt zu Migranten pflegen. Sie sagen dann Sachen wie »deine türkische Freundin« über ein Mädel, dessen Eltern schon in Deutschland geboren wurden, und streiten Rassismus ab, wo er ganz offensichtlich ist. Hamburg ist in zwei Lager gespalten: Es gibt die typisch deutschen Ecken und Aktivitäten, wie Elbe und Radeln, an denen man nie Migranten begegnet, oder solche, die scheinbar nur für Migranten existieren wie Coffeeshops in Harburg oder Altona. Und wer ist schuld an dieser Entwicklung? Natürlich beide Seiten.

In Texas dagegen ist alles durchmischt, man ist umgeben von so vielen Ethnien und Nationen, dass es als bigott gelten würde, die Leute über ihre Herkunft zu definieren. Auch scheint der Großteil der Bevölkerung die gleichen Hobbys zu haben (Brunch, Pool, Konsum und Kindergeburtstag). Und obwohl die Deutschen viel mehr reisen als die Amerikaner, zeigen Letztere bizarrerweise mehr Interesse an anderen Kulturen. Da Amis also mehr Business, mehr Spaß, mehr Kinder und mehr Diversity haben, sollten wir viel mehr von ihnen nach Deutschland einladen, um von ihnen zu lernen. Damit sie kommen, müssten wir allerdings das mit der Sonntagsruhe, der Homöopathie, dem Wandern und Radeln sein lassen. Den Migranten würde das gefallen.

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