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Licht am Ende des Tunnels?
Auf der »nd«-Genossenschaftsversammlung wurde über die finanzielle Lage, die Digital-App und 3000 neue Abos diskutiert
Die Lage ist weiterhin ernst, aber es gibt Licht am Ende des Tunnels – das war der Tenor auf der Generalversammlung der »nd«.Genossenschaft 2024. Knapp 100 Mitarbeitende und Genossenschafter*innen waren im FMP1-Gebäude in Berlin zusammengekommen, um den Rechenschaftsbericht des Vorstands zu diskutieren. Daran, dass die wirtschaftlichen Zahlen des »nd« weiter unbefriedigend sind, kann kein Zweifel bestehen: Auch 2023 erwirtschaftete die Zeitung einen Verlust, der mit 400 000 Euro zwar deutlich niedriger ausfiel als 2022 und im laufenden Jahr noch einmal halbiert werden wird. Doch nach wie vor verbraucht das »nd« sein knappes Eigenkapital.
Vorstand Rouzbeh Taheri erläuterte im Rechenschaftsbericht, warum die Krise trotz aller Anstrengungen noch nicht überwunden ist. Zum einen bleibt die Situation auf dem Zeitungsmarkt angespannt. Die Gesamtauflage deutscher Tageszeitungen sei im ersten Quartal 2024 um 6,3 Prozent gefallen, so Taheri. Druck- und Vertriebskosten stiegen, und die Zustellung werde fast überall unzuverlässiger. Die Probleme des »nd« seien in diesem Sinne die der Branche im Allgemeinen. Zum anderen würden die ergriffenen Sparmaßnahmen erst allmählich greifen. Die Abschaffung der Printausgabe am Montag beispielsweise wird sich erst in der zweiten Jahreshälfte 2024 finanziell bemerkbar machen.
Was die Abozahlen angeht, ist die Tendenz beim »nd« leicht positiv. Durch die Einstellung des Kioskverkaufs der Werktagsausgabe (die für das »nd« ein teures Minusgeschäft war) ist die Druckauflage zwar deutlich gesunken. Gleichzeitig jedoch ist die Zahl der Abonnent*innen um 3 Prozent gestiegen. Ende 2023 habe man nicht zuletzt wegen der Rettungskampagne Zuwächse verzeichnet. Februar und März 2024 seien eher schlechte Monate gewesen, seit April gehe es mit den Neu-Abos wieder aufwärts. Auch bei der Wochenendausgabe macht sich das bemerkbar: »nd«.DieWoche ist zwar weiterhin – übrigens über die ganze Woche – an Kiosken erhältlich, doch auch hier sinkt die Druckauflage. Offenbar steigen Leser*innen der Wochenendausgabe auf das Digital-Abo um.
Vorstand und Genossenschafter*innen waren sich einig, dass das »nd« jetzt vor allem digitale Leser*innen gewinnen müsse. Aus der Redaktion heraus wurde die Kampagne »nd.Dreitausend« entwickelt, in deren Rahmen 3000 neue Digital-Abos im laufenden Jahr geworben werden sollen. Auf der hier verlinkten Webseite sind einige Materialien abgelegt, mit denen Leser*innen die Kampagne online unterstützen können. Allgemein gelobt wurde in diesem Zusammenhang die neue App, die die Umstellung von Print auf Digital überhaupt erst ermöglicht hat und gemeinsam mit der linken Schweizer »Wochenzeitung« programmiert wurde. Vorstandsmitglied Birthe Berghöfer berichtete, dass die App auch bei vielen älteren Abonnent*innen gut angekommen sei. Die technische Umstellung sei für viele zwar eine Herausforderung, aber biete durchaus auch Vorteile – etwa die Anpassung der Schriftgröße. Berghöfer, Leiterin des Online- und Social-Media-Ressorts, wies auch noch einmal darauf hin, dass in der App Wünsche für die technische Weiterentwicklung abgefragt würden. Zudem gebe es noch bis Mitte Juli das Angebot, sich im Rahmen des sogenannten Help Desk unterstützen zu lassen. Abonnent*innen können hierfür am Mittwochvormittag (10 bis 14 Uhr) mit ihren Geräten – Smartphones, Tablets oder Laptops – ins Berliner »nd«-Verlagshaus FMP1 (Café »Babett«) kommen.
Auch Aufsichtsrätin Ann-Kathrin Kaul betonte die positiven Anzeichen, ohne die wirtschaftliche Probleme zu verschweigen. Trotz der harten Einsparungen produziere die Belegschaft weiterhin eine gute, kritische Tageszeitung. Weil Druck- und Vertriebskosten mit Abstand der größte Kostenpunkt seien (mehr als die Hälfte des Abopreises gehen in Druck und Vertrieb) und die Zustellung der Post AG immer unzuverlässiger werde, sei die Entwicklung der App alternativlos gewesen. Vom Ergebnis zeigte sich Kaul jedoch ausgesprochen angetan. Die Digitalausgabe besitze eine hohe Akzeptanz. Kaul hob in diesem Zusammenhang das enorme Engagement der Mitarbeitenden hervor. Transformationsprozesse in Unternehmen seien immer schwierig, aber die Redakteur*innen hätten sich in einem keineswegs selbstverständlichen Ausmaß auf die Veränderungen eingelassen.
In der Aussprache hob Redakteur Uwe Sattler die neue Kooperation mit der kommunistischen Tageszeitung »Il Manifesto« hervor, die nach schweren Krisen heute stabiler dastehe als viele konventionelle Blätter in Italien. Aus dem Kreis der Genossenschafter*innen waren in der Diskussion vor allem motivierende Kommentare zu hören. Die inhaltliche Entwicklung der Zeitung, die App und die neue Abo-Kampagne wurden auch hier gelobt. Kritische Anmerkungen gab es zur Berichterstattung über das Bündnis Sahra Wagenknecht. Die Redaktion sollte unvoreingenommener über die neue Partei berichten, schlug ein Genossenschafter aus Chemnitz vor. Wolfgang Hübner, langjähriges Mitglied der Redaktionsleitung, erläuterte, dass das BSW auf Interviewanfragen monatelang nicht reagiert habe. Einig war man sich allerdings darin, dass das »nd« nur eine Zukunft habe, wenn es für eine gesellschaftliche Linke unabhängig von Parteimitgliedschaften Gebrauchswert besitzt.
Ob das »nd« überleben wird, hängt jetzt ganz von der neuen Kampagne ab. 3000 neue Abos und weitere Genossenschafter*innen benötigt die Zeitung. Als unabhängiges, täglich aktualisiertes Informations- und Debattenmedium ist das »nd« angesichts des gesellschaftlichen Rechtsrucks notwendiger denn je. Ein Abo ab 15 Euro/Monat oder ein Genossenschaftsanteil (der übrigens in Monatsraten ab 20,83 Euro gezahlt werden kann) sollten eigentlich nicht zu viel sein.
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