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- Paragraf 153a der Strafprozessordnung
Zu große Opfer für den Rechtsstaat
Lorenz Bode fordert die Streichung des Paragrafen 153a der Strafprozessordnung
Was haben Bayerns AfD-Vorsitzender Stephan Protschka, der Formel-1-Funktionär Bernard Ecclestone, der Musiker Gil Ofarim und der Internet-Unternehmer Fynn Kliemann gemeinsam? Gegen alle wurde ein Strafverfahren geführt und nach Paragraf 153a der Strafprozessordnung eingestellt – entweder von der Staatsanwaltschaft oder vom Gericht. Strafverfahren, die so eingestellt werden, erregen regelmäßig die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit. Oft auch Empörung. Das liegt wohl daran, dass sie gefühlt irgendwo zwischen Freispruch und Verurteilung, zwischen Schuld und Unschuld enden.
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Über diese Art der Verfahrensbeendigung lässt sich viel sagen – sowohl was die rechtlichen Voraussetzungen angeht, als auch mit Blick auf die tatsächlichen Umstände, insbesondere die Höhe der Geldauflage. Strafverteidigerinnen und Strafverteidiger werden wahrscheinlich auf die Unschuldsvermutung hinweisen, die auch im Falle der Verfahrenseinstellung gegen Geldauflage fortgilt. Spricht man dagegen etwa mit Staatsanwältinnen und Staatsanwälten, wird es eher um die spürbare Arbeitsentlastung gehen, die der Paragraf 153a in puncto Verfahrenserledigung bietet.
Lorenz Bode, Jahrgang 1989, ist Richter und lebt in Magdeburg. Er gibt hier ausschließlich seine Privatmeinung wieder.
Ein erklärtes Ziel des Strafverfahrens ist Gerechtigkeit. Die wird so aber nicht geschaffen. Im Gegenteil: Es bleiben Ungewissheit und Intransparenz. Ungewissheit entsteht, weil über die Schuldfrage nicht entschieden wird. Wer sagt denn, dass – wie der Ofarim-Verteidiger, dessen Mandant einen antisemitischen Vorfall erfunden hat, nach der Einstellung betonte – nicht auch ein Unschuldiger aus taktischen Gründen, etwa zugunsten einer schnellen Verfahrensbeendigung, ein Geständnis ablegt? Und anders, als Protschka vielleicht meint (»Ich gehe erhobenen Hauptes«), bleibt die Einstellung des Verfahrens gegen ihn am Dienstag »in ihrer Rehabilitationswirkung hinter dem Freispruch zurück«. Der AfD-Landeschef muss nach Beleidigungen von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) 12 000 Euro zahlen.
In der Praxis herrscht zudem Intransparenz. Besonders in großen Wirtschaftsstrafverfahren. Man denke nur an Ecclestone. Das Gericht brachte in seinem Fall den Paragraf 153a der Strafprozessordnung zur Anwendung, obwohl es um eine hohe Bestechungssumme (44 Millionen Dollar Schmiergeld) ging. Diese Unbekümmertheit mit Blick auf den Anwendungsbereich, der allenfalls mittlere Kriminalität betreffen soll, überrascht und macht zugleich ratlos. Ähnliches gilt im Fall Kliemann. Die Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren gegen Geldauflage ein, obwohl Fynn Kliemann mit den verfahrensgegenständlichen Maskendeals einen ordentlichen Gewinn (in Höhe 500 000 Euro) erzielt hatte. So entsteht schließlich der Eindruck, der staatliche Strafanspruch sei individuell verhandelbar, vielleicht sogar kommerzialisierbar.
Der Paragraf 153a der Strafprozessordnung wurde 1974 Zweck eingeführt, um »eine einfache und zweckmäßige Verfahrenserledigung im Bereich der kleineren und mittleren Kriminalität mit einem Beschleunigungs- und Entlastungseffekt« sicherzustellen. Damit bringt man jedoch zu große Opfer. Der Rechtsstaat braucht dieses Zwischenstadium nicht, sondern die Justiz schlicht mehr Personal. Der Paragraf sollte – dem Rechtsstaat zuliebe – gestrichen werden.
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