Bundestag: Klarheit für Betriebsräte

Gesetzesreform behebt Rechtsunsicherheit, grundlegende Probleme bleiben ungelöst

Am Freitag befasst sich der Bundestag abschließend mit einer Gesetzesnovelle zur Vergütung von Betriebsräten.
Am Freitag befasst sich der Bundestag abschließend mit einer Gesetzesnovelle zur Vergütung von Betriebsräten.

Mit einer Gesetzesänderung beschließt der Bundestag am Freitag voraussichtlich eine neue Regelung zur Vergütung von Betriebsräten. Hintergrund ist eine Rechtslücke, die durch ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) im vergangenen Jahr entstanden war. Das hatte teilweise der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts widersprochen und für Unsicherheiten gesorgt – vor allem bei Betriebsräten.

»Arbeitgeber haben die Rechtsunsicherheit zum Teil genutzt, um Mitbestimmung in ein schlechtes Licht zu rücken, Betriebsräte zu benachteiligen und damit die Zukunft der Mitbestimmung zu gefährden«, begründet die Professorin für Arbeitsrecht und Justiziarin der IG Metall, Johanna Wenckebach, das Vorhaben gegenüber »nd«. Teils waren infolge des BGH-Urteils Vergütungen von Betriebsräten um die Hälfte gekürzt worden, wie der Gesamtbetriebsratschef des Autozulieferers ZF, Achim Dietrich, bei einer Anhörung im April berichtete.

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Laut Gesetz führen Betriebsräte ihre Tätigkeit grundsätzlich unentgeltlich als Ehrenamt aus und sind dafür von ihren beruflichen Aufgaben ohne Minderung des Arbeitsentgelts zu befreien. Mit der neuen Regelung darf das Entgelt für Betriebsräte künftig nicht geringer bemessen werden als die Vergütung vergleichbarer Beschäftigter mit betriebsüblicher Entwicklung, wie es im Entwurf heißt.

Breite Unterstützung für Vorhaben

Sowohl die Arbeitgeberverbände als auch die Gewerkschaften begrüßten das Gesetzesvorhaben im Vorfeld. Die Klarstellungen seien überfällig und würden die Verunsicherung in Unternehmen und bei Betriebsräten beenden, lobt Wenckebach von der IG Metall die Regelung. »Hubertus Heil und sein Ministerium haben hier einen guten Job gemacht.« Unterstützung kommt neben SPD und Grünen auch aus der Linken. »Die Reform der Betriebsratsvergütung schafft Rechtssicherheit, das begrüßen wir«, teilt die Linke Bundestagsabgeordnete Susanne Ferschl gegenüber »nd« mit.

Allerdings bemängelt sie das schleppende Verfahren: »Dass die Bundesregierung für die Umsetzung eines besonders eilbedürftigen Gesetzes über ein halbes Jahr braucht, grenzt an Ignoranz.« Und es handle sich bei der Novelle nur um eine Minimallösung. Die Gewerkschafts- und arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Gruppe Die Linke im Bundestag fordert, dass über die Mindestregelung hinaus auch während der Betriebsratsarbeit erworbene Qualifikationen und die Dauer des Amtes bei der Vergütung berücksichtigt werden sollen.

Insgesamt ist die Reform aus Sicht der Linken eine verpasste Chance. »Es irritiert, dass die Bundesregierung nicht gleich die im Koalitionsvertrag versprochene Regelung zum Offizialdelikt mit umsetzt«, kritisiert sie. Die Regierungsparteien hatten zu Beginn der Amtsperiode ein Gesetz angekündigt, wonach die Staatsanwaltschaft bei der Behinderung von Betriebsratsarbeit und -wahlen von Amts wegen ermitteln soll. Ein Entwurf dazu liegt noch nicht vor. Dabei wäre die Änderung rechtstechnisch einfach umzusetzen, wie es heißt. Die Linke hat für die Abstimmung am Freitag einen entsprechenden Antrag eingebracht. Der dürfte aber voraussichtlich keine Mehrheiten finden.

Umfassende Reform steht aus

Kritisch sieht auch Wenckebach, dass grundlegende Herausforderungen mit dem Gesetz nicht angegangen würden. »Die Reform löscht ein Feuer, aber es brennt an vielen anderen Stellen«, betont sie. »In Zeiten von Wirtschaftskrise, Transformation und Populismus müssten Betriebsräte viel umfangreicher gestärkt werden und mehr Rechte erhalten«, fordert die Arbeitsrechtsexpertin. Nur so könnten drängenden Herausforderungen wie Digitalisierung, Klimaschutz, Personalplanung und Gleichstellung mitgestaltet werden.

Der DGB hatte vor zwei Jahren einen Reformentwurf vorgelegt. Darin wird unter anderem ein digitales Zugangsrecht und mehr Mitbestimmungsrechte bei den Themen Umweltschutz und Gleichstellung im Betrieb gefordert. »Für eine grundlegende Stärkung der Mitbestimmung werden wir weiter streiten. Das braucht langen Atem, Kraft durch Solidarität und Sichtbarkeit unserer Forderungen. Daran arbeiten wir jeden Tag«, unterstreicht Wenckebach.

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