Menschenrecht auf Fußball

Österreich-Türkei läuft nur im Pay-TV. Für die Herzgesundheit eines manchen ein Segen, glaubt Kolumnist Jirka Grahl

Auftakt im Glück: Fans der türkischen Fußball-Nationalmannschaft feiern auf der Tauentzienstraße den Sieg ihrer Mannschaft gegen Georgien.
Auftakt im Glück: Fans der türkischen Fußball-Nationalmannschaft feiern auf der Tauentzienstraße den Sieg ihrer Mannschaft gegen Georgien.

Ach herrje: Das Achtelfinale der Österreicher gegen die Türkei läuft am Dienstag also nur auf Magenta TV. Das Menschenrecht auf kostenlose Fußballberichterstattung wird nun auch hier aufs Gröbste missachtet. Deswegen wird vielerorts geschimpft und gewütet, vorzugsweise im Ort Internet. Auf X meckerte ein gewisser Cihan Çelik, der als Lungenfacharzt wegen Corona zu TV- und X-Bekanntheit gelangt war: »Drei Millionen Türkei-stämmige Menschen leben in Deutschland, zahlen Steuern und Rundfunkgebühren. Ebenso 160 000 Österreicher. Das EM-Spiel Österreich-Türkei wird aber nicht bei ARD, ZDF oder RTL, sondern nur im Pay-TV übertragen. Voll daneben.«

Auch andere mündige Steuer- und Gebührenzahler beklagen sich vollmundig, Türkei-stämmige Tiktoker und Influencer vor allem: »Absolute Frechheit!« oder »Wozu zahle ich Gebühren?« Allenthalben Empörung, auch bei echten Medien: »Fans schieben Magenta-Frust« (»Heilbronner Stimme«), oder: »Dieser Kracher läuft nicht im Free-TV!« (Sport1). Allein bei der Telekom freut man sich und verweist auf das monatlich kündbare Abomodell: Man könne MagentaTV doch »ganz einfach online« buchen, für zehn Euro, teilt die Firma mit, die fünf Partien bei dieser EM exklusiv ausstrahlt. »Frühzeitige« Online-Registrierung wird empfohlen. Nicht dass der Server abschmiert bei zu vielen Anmeldern kurz vor Anpfiff um 21 Uhr.

Womöglich macht die Telekom ja wirklich ihren Reibach. Denn Public Viewing in der Eckkneipe ist ja auch kompliziert. Nicht jeder Wirt hat den Sportspartensender im Abo. Für die EM kam man mit ARD und ZDF gut hin. In Berlin hat man sich entschieden, die Uefa-Fanzonen zu öffnen, die eigentlich erst ab dem Viertelfinale für Spiele ohne DFB-Beteiligung geöffnet werden sollten.

Gut so. Die Stimmung am Brandenburger Tor wird zumindest zu Beginn des Matches großartig sein. Die Frage ist allerdings, ob die gute Laune unter den Türkei-Fans lange anhalten wird. Teile der Antwort könnten die Bevölkerung verunsichern, ließe sich hier ein ehemaliger Bundesinnenminister zitieren. Denn wer Real-Star Arda Güler und seine türkischen Kollegen unvoreingenommen beim Kick gegen Tschechien zusah, weiß Bescheid. Für Herzempfindliche gilt: Vielleicht besser nicht gucken!

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -