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Görlitzer Park: Zaunbau nimmt Formen an
Bauarbeiten für abschließbare Tore an den Eingängen des Kreuzberger Parks sollen im September beginnen
Ohne Zweifel schreitet er voran: Der Senat hat einen Zeitplan für die umstrittene Umzäunung und nächtliche Schließung des Görlitzer Parks in Kreuzberg vorgelegt. Und ab jetzt soll es schnell gehen. Bereits bis Mitte Juli soll ein 220 Meter langer »Lückenschluss« realisiert werden, mit dem die den Park umschließende Mauer vervollständigt werden soll. Das geht aus der Antwort der Umweltverwaltung auf eine Anfrage der Linken hervor.
Der Park wird bei der Polizei zusammen mit den anliegenden Straßen als »kriminalitätsbelasteter Ort« geführt. Um ihn nachts absperren zu können, sollen auch vorhandene Zugänge mit abschließbaren Toren ausgestattet werden. Baubeginn dafür soll »am Ende des III. Quartals« sein, teilt die Verwaltung mit. Das sei aber noch abhängig von weiterer Planung und Genehmigungsvorgängen. Wenn die baulichen Voraussetzungen für eine nächtliche Schließung geschaffen sind, plant der Senat weiter Geld in die Hand zu nehmen. Für die Überwachung der Einlasssperre sind laut Senat 800 000 Euro jährlich veranschlagt.
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Eigentlich liegt die Verantwortung für Grünflächen in Händen der Bezirke. Allerdings hat der Senat die Hoheit über das Verfahren im März an sich gezogen, begründet mit einem »wichtigen Gesamtinteresse Berlins«. Sowohl das Bezirksamt als auch das Bezirksparlament von Friedrichshain-Kreuzberg wenden sich gegen diese Entmachtung. Der Bezirk hat mittlerweile geklagt. Auf die Frage der Linken, worin denn dieses Interesse bestehe, antwortet der Senat wenig konkret und im Zirkelschluss: »Der gesamtstädtische Bezug des Kriminalitätsschwerpunktes Görlitzer Park besteht insbesondere in der insoweit bezirksübergreifenden Ausstrahlungswirkung und stadtweiten Bedeutung«, heißt es in der Antwort. Der Park sei »ein zentraler Anlaufpunkt«, und die dort bestehenden Gefahren gingen weit über eine rein bezirkliche Wirkung hinaus, so der Senat.
Auch die Frage, welche kriminalistische Hypothese der Überlegung zugrunde liege, dass eine nächtliche Schließung des Parks zu einer Verringerung der Drogenkriminalität in der Stadt führe, beantwortet der Senat recht allgemein. Die Umfriedung mit der Möglichkeit, den Park nachts zu schließen, sei nur eine von 30 Maßnahmen einer gesamtstädtischen Strategie, die beim Berliner Sicherheitsgipfel am 8. September 2023 beschlossen wurde. »Der Görlitzer Park stellt durch seine Struktur und eine dort über Jahrzehnte etablierte Drogenszene eine straftatenbegünstigende Örtlichkeit dar«, heißt es. Im Vergleich aller Grünanlagen Berlins gebe es hier die meisten Straftaten.
Die Linke verweist auf die Kriminalitätsstatistik. »Über 75 Prozent der Straftaten im Görlitzer Park finden tagsüber statt«, sagt dazu Elif Eralp, Sprecherin für Partizipation der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus. Eine nächtliche Schließung würde nichts bringen, so Eralp weiter. Außerdem würden nur drei Prozent der Straftaten im kriminalitätsbelasteten Ort »Görlitzer Park/Wrangelkiez« im Park selber begangen. »Der Zaun ist reine Symbolpolitik«, sagt die Linke-Politikerin. Das sei sinnlose »Law and Order« zulasten von Berliner Parknutzer*innen.
»Mit dem Bau des Zaunes sollen Fakten geschaffen werden, bevor das vom Bezirk angestrebte Gerichtsverfahren abschlossen ist«, kritisiert Eralp im Gespräch mit »nd«. Gegen den Zaunbau wird allerdings nicht nur juristisch vorgegangen. Für den Start der Baumaßnahmen ist schon Protest angekündigt. Und auch vorher ruft das Bündnis »Görli Zaunfrei« für den 18. Juli zum gemeinsamen Übernachten im Park auf.
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