CDU-Klausur: Keine Bedenken bei Familientrennung

Auf ihrer Klausur stellt die CDU ein asylverschärfendes Papier vor

Dirk Stettner (CDU), Fraktionsvorsitzender im Berliner Abgeordnetenhaus, verlangt zusammen mit seiner Fraktion eine schärfere Asylpolitik.
Dirk Stettner (CDU), Fraktionsvorsitzender im Berliner Abgeordnetenhaus, verlangt zusammen mit seiner Fraktion eine schärfere Asylpolitik.

Wissensbasiert und lösungsorientiert soll das Positionspapier der Berliner CDU-Fraktion nach deren Angaben sein. Dabei wirken allein die ersten zwei Seiten, als hätten mehrere Christdemokrat*innen ohne gegenseitige Absprache fix online recherchiert und rasch ihre Ergebnisse zusammengewürfelt. So heißt es zu Beginn der Bestandsaufnahme, dass »unsere Stadt«, gemeint ist Berlin, ein großes Herz habe und dass Berliner*innen in puncto Asyl- und Migrationspolitik Hilfsbereitschaft gezeigt hätten, die aber an ihre Belastungsgrenzen komme. Im nächsten Absatz ist auf einmal von ganz Deutschland und 55 Prozent der Deutschen die Rede, die »keine weiteren Flüchtlinge verkraften« könnten. Bundesweite Statistiken werden beliebig mit der Lage Berlins vermischt. Die übergeordnete Botschaft ist hingegen klar: Wir wollen hier weniger Geflüchtete haben.

Unter anderem fordert die CDU-Fraktion, Asylsuchende zu gemeinnütziger Arbeit zu verpflichten. Es sei »niemandem geholfen, wenn Asylbeweber den ganzen Tag nichts zu tun haben«. Eine sinnstiftende Tätigkeit wie die Unterstützung in Unterkünften mit einer Aufwandsentschädigung von 80 Cent pro Stunde sei eine »Win-win-Situation für alle«, heißt es.

Darüber hinaus reicht es der Fraktion nicht, dass unter der schwarz-rot geführten Regierung ohnehin schon mehr Asylbewerber*innen abgeschoben werden. So soll der Abschiebestopp im Winter nach dem Motto »Der Rechtsstaat macht keinen Winterschlaf« aufgehoben, Abschiebungen sollen »konsequent« umgesetzt werden. Familiennachzüge sollen ausgesetzt werden. Außerdem sollen Behörden auch Familien abschieben dürfen, ganz gleich, ob eine Familie bei der Rückführung vollständig ist oder nicht.

»Wir haben keine Fakten dazu. Wir wissen nicht, wie gravierend das Problem tatsächlich ist.«

Martin Matz Innenpolitischer Sprecher der SPD

»Hinter dieser Forderung steckt die Unterstellung, dass bei der Rückführung mancher Familien absichtlich ein Mitglied fehlt«, kritisiert Martin Matz, innenpolitischer Sprecher der SPD Berlin gegenüber »nd«. Es gibt Matz zufolge Gerüchte darüber, dass Familien untereinander Kinder tauschen, um die Rückführung zu verzögern. »Wir haben aber keine Fakten dazu. Wir wissen nicht, wie häufig das vorkommt und wie gravierend das Problem tatsächlich ist.« Darüber hinaus bestünde die Gefahr, dass Minderjährige völlig alleine in Deutschland zurückblieben. Daher sei eine solche Forderung lediglich Symbolpolitik, sagt Matz.

»Die CDU fährt los und schreibt so etwas auf. Aber das soll ja nur Schlagzeilen produzieren«, fährt der Abgeordnete fort. So sei es immer einfach, mehr Abschiebungen zu fordern. Dabei schiebt Berlin im Vergleich zu anderen Bundesländern bereits stärker ab. Klappt es einmal nicht, habe das seine eigenen Gründe, erklärt Matz. »Das liegt dann entweder am Herkunftsland oder an der betroffenen Person selbst.«

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Anfragen von »nd« ließ die Berliner CDU-Fraktion bis Redaktionsschluss unbeantwortet. Unter anderem ging es um die Frage, ob sämtliche Geflüchtete zu gemeinnütziger Arbeit verpflichtet werden oder ob beispielsweise Kriegstraumatisierte oder Minderjährige davon ausgenommen bleiben sollten. Ferner darum, wie es die CDU mit ihrem Gewissen vereinbaren kann, zur Not auch Minderjährige von ihren Familien zu trennen.

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