Beate Zschäpe angeblich bald in Aussteigerprogramm

Hinterbliebene der NSU-Opfer sehen Bemühungen äußerst kritisch

Die Angeklagte Zschäpe im NSU-Prozess in München. 2026 könnte entschieden werden, wie lange sie mindestens in Haft bleiben muss.
Die Angeklagte Zschäpe im NSU-Prozess in München. 2026 könnte entschieden werden, wie lange sie mindestens in Haft bleiben muss.

Beate Zschäpe wird möglicherweise in ein Aussteigerprogramm für Neonazis aufgenommen. Das sagte ihr Anwalt, Mathias Grasel, dem Bayerischen Rundfunk (BR), der darüber am Donnerstag berichtete. Dieses Programm könnte einen positiven Einfluss auf die Entscheidung über die Mindestverbüßungsdauer ihrer lebenslangen Haftstrafe haben, über die das Oberlandesgericht frühestens im November 2026 entscheiden kann. Nachdem Zschäpe diesen Mindestzeitraum in Haft abgesessen hat, kann sie erstmals einen Antrag auf vorzeitige Entlassung stellen.

Im Juli 2018 hatte das Münchner Oberlandesgericht Zschäpe aufgrund ihrer Mitverantwortung für die Morde des »Nationalsozialistischen Untergrunds« (NSU) verurteilt, eine dagegen eingelegte Revision wurde 2021 verworfen. Soweit bekannt hat Zschäpe nie selbst auf die mindestens zehn Opfer der rechtsterroristischen Vereinigung geschossen. Trotzdem haben ihr die Richter eine besondere Schwere der Schuld attestiert. Eine vorzeitige Haftentlassung nach 15 Jahren wäre demnach ausgeschlossen. Zschäpe sitzt seit November 2011 in Haft.

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Bereits im vergangenen Jahr hatte Zschäpe versucht, wie der NSU-Helfer André Eminger in ein Programm des Freistaats Sachsen aufgenommen zu werden, was jedoch im Herbst abgelehnt wurde. Welches andere Programm nun bereit sein soll, Zschäpe aufzunehmen, verriet ihr Anwalt nicht.

In den letzten Jahren hat die verurteilte Rechtsterroristin bereits versucht, durch Kooperationen mit den Behörden ihre Chancen auf eine frühzeitige Entlassung zu verbessern. Im Mai 2023 sagte Zschäpe umfassend vor dem NSU-Untersuchungsausschuss des Bayerischen Landtags aus, was zu einer fünftägigen Vernehmung durch das Bundeskriminalamt (BKA) führte. Diese Aussagen haben etwa zu neuen Ermittlungen und einer Anklage gegen Susann E. geführt, die mit Zschäpe befreundet gewesen sein soll und nun von der Bundesanwaltschaft als mutmaßliche Terrorhelferin angeklagt ist.

Die Hinterbliebenen der NSU-Opfer betrachten die Bemühungen um eine vorzeitige Entlassung Zschäpes äußerst kritisch. Sebastian Scharmer, Anwalt der Familie des Dortmunder NSU-Opfers Mehmet Kubaşık, betont gegenüber dem BR, dass Zschäpe nur dann als wirkliche Aussteigerin gelten könne, wenn sie umfassende Aussagen mache, die auch bislang unbekannte Tatbeteiligte betreffen. Offene Fragen, wie die Herkunft der NSU-Waffen und die Auswahl der Opfer, sind weiterhin unbeantwortet. Die Hinterbliebenen der NSU-Opfer kritisieren zudem das Verhalten der staatlichen Behörden, da sie über neue Aussagen und Ermittlungen erst aus den Medien erfahren hätten.

Zschäpe verweigert weiterhin, den Hinterbliebenen ihre offenen Fragen zu beantworten. Ihr Anwalt Mathias Grasel erklärt, dass sie durch ihre Aussagen vor dem Bayerischen Untersuchungsausschuss und dem BKA ihre »staatsbürgerlichen Verpflichtungen« erfüllt habe. Zu einem persönlichen Austausch mit den Nebenklägern, also den Angehörigen, sei Zschäpe jedoch nicht bereit.

Nebenklage-Anwalt Sebastian Scharmer zweifelt daher gegenüber dem BR daran, dass Zschäpe sich wirklich von der Neonaziszene distanziert hat. Auch Gamze Kubaşık, deren Vater Mehmet 2006 in seinem Dortmunder Kiosk ermordet wurde, ist skeptisch. Sie hatte Zschäpe im NSU-Prozess angeboten, ihr bei einer vorzeitigen Haftentlassung zu helfen, falls sie den Hinterbliebenen Rede und Antwort stehen würde.

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