Serie »Sunny«: Befreundet mit dem Hausroboter

Die Science-Fiction-Serie »Sunny« erzählt vom Leben in Japan, der Mafia in Kyoto und einem Roboter, der immer das letzte Wort haben will

  • Florian Schmid
  • Lesedauer: 3 Min.
Diese Frage wird uns noch eine Weile beschäftigen: Sind Maschinen die besseren Menschen?
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Als Suzie Sakamoto (Rashida Jones) erfährt, dass ihr Ehemann Masa (Hidetoshi Nishijima) gar kein einfacher Ingenieur für Kühlschränke ist, sondern Chefentwickler für genau jene Hausroboter, die sie so sehr hasst, ist sie stinksauer. Und ausgerechnet so einen überfreundlichen und hilfsbereiten Homebot mit großen Kulleraugen namens Sunny schickt ihr die Firma ihres Ehemanns zu, nachdem Masa mit dem achtjährigen Sohn Zen angeblich bei einem Flugzeugunglück ums Leben gekommen ist.

Wobei in der zehnteiligen Serie »Sunny«, einem wilden Mix aus Science-Fiction, Krimi, Tragikomödie und Pop-Spektakel, nichts so ist, wie es im ersten Moment scheint. Im Zentrum der in einer nahen Zukunft spielenden Geschichte steht die Amerikanerin Suzie, die in Japan geheiratet hat und mehr schlecht als recht mit dem Alltag in Kyoto zurechtkommt. Auch ihre strenge Schwiegermutter Noriko (Judy Ongg) ist keine Hilfe, als Suzie plötzlich die Nachricht erhält, dass Ehemann Masa und Sohn Zen nach einem Flugzeugabsturz vermisst werden. Als sie nachforscht, mehren sich die Hinweise, dass mit dem Verschwinden ihres Ehemannes etwas nicht stimmt. Was verbirgt sich hinter seiner streng geheimen Forschungsarbeit? Und hatte der smarte Techniker womöglich sogar Kontakte zur Yakuza, der japanischen Mafia?

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Die Apple TV+-Serie »Sunny« hat es in sich. Der Zehnteiler legt ein flottes Erzähltempo vor, bei dem der Kulturclash der Amerikanerin Suzie in Japan über weite Strecken mit viel Ironie und jeder Menge Situationskomik inszeniert wird. Die Geschichte driftet aber auch immer wieder ins Splattermäßige ab und entwirft eher nebenher sehr überzeugend eine futuristische Welt voller Roboter und eigenartiger kleiner rechteckiger Mobilgeräte, die unter anderem auch simultan übersetzen können.

Suzies Entfremdung und die Art, wie sie damit klarkommt, sind das eigentliche Thema dieser Geschichte. Dabei ist der Frau dann auch eine Freundin namens Mixxy behilflich, eine queere Barkeeperin, die ganz wundervoll vom japanischen Youtube-Star Annie The Clumsy gespielt wird. Suzies Gegenspielerin Hime (You), die Tochter eines im Sterben liegenden Yakuza-Bosses, versucht, an Daten aus Masas Forschung zu kommen und damit den Kampf um die Nachfolge der Yakuza-Führung für sich zu entscheiden. Ist der Homebot Sunny, zu dem Suzie ein so streitbares Verhältnis entwickelt, womöglich eine Art Supercomputer, der all die geheimen Daten enthält, denen diverse Akteure nachjagen? Sind Masa und sein Sohn Zen womöglich sogar noch am Leben?

Die große Angst vor der sich verselbständigenden digitalen Technologie wird in »Sunny« auf sehr erfrischende und satirische Art in Szene gesetzt. Der titelgebende Roboter hat sogar Albträume und halluziniert davon, in einer grotesken japanischen Fernsehshow um sein Überleben zu kämpfen. Hat eine digitale Maschine Fantasie? Kann sie etwas fühlen? Darüber streiten sich Suzie und der Roboter hingebungsvoll in einem fort, wobei die Maschine keineswegs auf den Mund gefallen ist und auch zu jeder Menge Ironie und bitterbösem Zynismus fähig ist.

Auch wenn diese eigenwillige Serie streckenweise ins allzu Slapstickhafte abgleitet, bietet sie doch einzigartige, wundervoll schräge Science-Fiction über den Umgang mit digitaler Technologie und erzählt die Geschichte einer Entfremdung, die mit viel Solidarität – nicht nur von menschlichen Wesen – überwunden wird. Rashida Jones dabei zuzusehen, wie sie Suzie Sakamoto als ebenso feinfühlige wie kantige Persönlichkeit darstellt, ist eine wahre Freude.

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