Republikaner-Parteitag: »Fight! Fight! Fight!«

Das Attentat verschafft Donald Trump weiteren Rückenwind für seine unumstrittene Präsidentschaftskandidatur

  • Max Böhnel, New York
  • Lesedauer: 5 Min.
Arbeiter bringen die Bühne vor dem Republikaner-Parteitag auf Hochglanz – an der Inszenierung soll jedes Detail stimmen.
Arbeiter bringen die Bühne vor dem Republikaner-Parteitag auf Hochglanz – an der Inszenierung soll jedes Detail stimmen.

»Fight! Fight! Fight!« – T-Shirts mit dem Ruf des im Gesicht blutenden Trump, der die Faust in die Himmel reckt, sind seit gestern in Milwaukee Verkaufsschlager Nummer eins. Zu dem am Montag eröffneten Nominierungsparteitag der Republikaner sind rund 50 000 Teilnehmer in die Stadt im Bundesstaat Wisconsin gereist. Formal werden Donald Trump und sein von ihm ernannter Vertreter – dessen Name traditionell zu Beginn bekannt gegeben wird – offiziell als Kandidaten der Partei für die Präsidentschaftswahl am 5. November nominiert. Diese Aufgabe übernehmen 2429 Delegierte aus den Bundesstaaten, die ihr Votum entsprechend der Ergebnisse in den parteiinternen Vorwahlen abgeben.

Tausende von Parteimitgliedern aus Ortsgruppen im ganzen Land folgen den Reden und dem Unterhaltungsprogramm. Am Mittwochabend ist eine Rede des Vizepräsidentschaftskandidaten geplant. Am Donnerstag kulminiert das Republikanertreffen mit der Nominierung von Donald Trump und seiner Krönungsrede.

Kongressmitglieder und Trumps Söhne auf der Rednerliste

Auf der Rednerliste stehen Mitglieder der Trump-Familie, darunter seine Söhne Donald Trump Junior und Eric, Kongressmitglieder, Unternehmer und Prominente. Geplant sind außerdem Reden von vier potenziellen Vizepräsidentenkandidaten: Senator J.D. Vance aus Ohio, Senator Marco Rubio aus Florida, Senator Tim Scott aus South Carolina und Doug Burgum, Gouverneur von North Dakota. Überraschend ist der Auftritt der Ex-Gouverneurin von South Carolina Nikki Haley am Dienstag.

Sie war im März aus dem Rennen um die republikanische Präsidentschaftskandidatur ausgestiegen. Trotz scharfer Kritik im Wahlkampf unterstützte sie Trump zwei Monate später öffentlich. Schließlich forderte sie ihre Delegierten auf, beim Parteitag für Trump zu stimmen. Bis vor Kurzem stand sie nicht auf der Rednerliste. Mit ihrer Einladung zur Teilnahme erhofft sich Trump offenbar, dass sich auch konservative Republikaner, die sich von ihm abwandt, wieder auf seine Seite schlagen.

Auch Gewerkschaftsführer unter den Rednern

Laut Programm sollte am Montagabend zur besten Sendezeit der Vorsitzende der Teamsters-Gewerkschaft Sean O’Brien eine Rede halten. Ob es zu diesem ungewöhnlichen Schritt kommen würde, war jedoch bis zuletzt unklar. Denn die innergewerkschaftliche Opposition der Teamsters (Fuhrleute) sammelt seit Tagen Unterschriften für einen Aufruf an Sean O’Brien, seine Rede wieder abzusagen.

Einige Funktionäre des 1,3 Millionen Mitglieder zählenden Verbandes bezeichneten in einem intern zirkulierenden Brief die Zusage O’Briens als »skrupellos«. Ein Auftritt würde die Zustimmung zur »gewerkschaftsfeindlichsten Partei und ihres Präsidenten« seit Generationen signalisieren, hieß es darin. Die Teamsters-Führung hält offen, wen sie unterstützt, im Gegensatz zum US-Dachverband AFL-CIO, der sich hinter Joe Biden gestellt hat. Seit Jahrzehnten hielt kein Chef einer US-Großgewerkschaft eine Rede bei den Republikanern.

Republikaner wollen Herz für den »kleinen Mann« zeigen

Nicht nur mit dem Auftritt eines Gewerkschafters versucht die Partei den Eindruck zu erwecken, sie vertrete »den kleinen Mann«. Am Mittwoch sollte der Bürgermeister von East Palestine im Bundesstaat Ohio Trent Conaway sprechen. Im Winter 2023 waren in dem Ort hochgiftige Chemikalien aus einem entgleisten Güterzug ausgetreten. Trump war damals als einziger prominenter Politiker zur Stelle und übte scharfe Kritik am Krisenmanagement seines Amtsnachfolgers Joe Biden.

Am Montag vergangener Woche hatte das Steuerungsgremium der Partei, die Republican National Convention, einem 16-seitigen Dokument – dem »Parteiprogramm« – zugestimmt. Trump hatte es zuvor persönlich mit seinem Rotstift nach Gusto zurechtgeschrieben. Möglich war dies, weil er vor vier Monaten seine Schwiegertochter Lara Trump an die Spitze des Gremiums gesetzt hatte.

Schwiegertochter wiederholt Wahlbetrugslüge

Lara Trump hat in der Vergangenheit die Lüge ihres Schwiegervaters vom »Wahlbetrug« 2020 bei jeder öffentlichen Gelegenheit wiederholt. Das Dokument heißt »Make America Great Again!« Die erste Forderung lautet: Grenze dichtmachen und Migranteninvasion stoppen. Die Trump-Regierung werde »die größte Abschiebungsoperation der US-amerikanischen Geschichte« durchführen. Als Begründung wird unter Punkt zehn genannt, die USA würden von einer »migrantischen Verbrechensepidemie« heimgesucht.

Die Plattform der »Partei Trumps« strotzt vor weiteren xenophoben und antidemokratischen Kernpunkten. Dabei ist sich der rechtsextreme Kandidat bewusst, dass er, um die Wahlen zu gewinnen, seine Wählerbasis verbreitern und sich als disziplinierter Kandidat staatsmännisch verhalten muss, und zwar jenseits seines Make-America-Great-Again-Kults, ohne diesen zu entfremden.

Hetze gegen Migranten

Laut »Cook Political Report« verfügt Trump zwar bereits über historisch hohe Zustimmungsraten von Wählergruppen, die bislang eindeutig den Demokraten zuzuordnen waren. 21 Prozent der Afroamerikaner sowie jeweils 41 Prozent der Latinos und der jungen Wähler würden für ihn stimmen. Er führt in sieben Swing States, in denen die Wahlen wahrscheinlich entschieden werden, in Pennsylvania, Wisconsin, Michigan, Georgia, North Carolina, Nevada und Arizona. Allerdings haben mehr als die Hälfte der US-Amerikaner eine schlechte Meinung von Trump, auch wenn Joe Bidens Umfragen im Keller liegen.

Gerade um Frauen nicht zu verschrecken, weichte Trump beim Thema Abtreibungen das frühere Republikaner-Wahlprogramm, das ein bundesweites Abtreibungsverbot gefordert hatte, wieder auf. Zwar wird die Entscheidung des Obersten Gerichts vor zwei Jahren, in dem es Einzelstaaten die Kompetenz über das Abtreibungsrecht zuschrieb, gelobt. Aber auf Trumps Betreiben heißt es im aktuellen Programm nur, die Partei lehne »Abtreibungen im späten Stadium« ab. Das könnte die ein oder andere Stimme bringen.

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