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Berliner Sport- und Überwachungsbäder
Zu Beginn der Sommerferien stellen die Bäderbetriebe ihr neues Sicherheitskonzept vor
Entspannt lehnt Justin Scharafinski am Beckengeländer. Die Badehose des 17-Jährigen trieft, seine Kette glitzert in der Sonne. Sein sechs Jahre jüngerer Bruder sitzt neben ihm auf der Metallstange. Scharafinski erzählt »nd« gerade, dass sie Ferienpässe gekauft hätten, um den Sommer über so viel Zeit wie möglich im Freibad zu verbringen, als ein Mitarbeiter des Badebetriebs seinen kleinen Bruder ermahnt: »Kommt ihr da mal bitte runter!« Als der Elfjährige nicht sofort reagiert, wird die Stimme schroffer: »Runter!« So einen Tonfall seien sie gewohnt, lacht Scharafinski. Vom Besuch im Sommerbad halte das ihn und seine Familie nicht ab.
Dabei kann es künftig zu noch strengeren Zurechtweisungen in den Berliner Badebetrieben kommen. Nach vereinzelten Auseinandersetzungen Jugendlicher im vergangenen Sommer ziehen die Berliner Bäderbetriebe eine Konsequenz. Auf Initiative von Innensenatorin Iris Spranger (SPD) gründeten sie die Arbeitsgruppe »Sichere Freibäder«, an deren Konzepterarbeitung auch die Polizei beteiligt ist. Zusätzlich zur Ausweispflicht, Taschenkontrolle und verstärkten Polizeipräsenz vom vergangenen Jahr soll das Einlassmanagement überarbeitet und der Fokus auf Online-Ticketkäufe gelegt werden.
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»Wir haben in vier Bädern Videotürme stehen«, sagt Johannes Kleinsorg, Vorstandsvorsitzender der Berliner Bäderbetriebe auf der Pressekonferenz im Sommerbad Neukölln am Donnerstagmorgen. Das Videomaterial werde aufgezeichnet und auf Nachfrage der Polizei übergeben, erklärt er. Außerdem hätten die Bäder an diversen Stellen die Zäune erhöht, der Prozess für Hausverbote sei auch vereinfacht worden. Mit seiner Dankbarkeit an die Polizei geht Kleinsorg nicht sparsam um: Die Beamt*innen seien »gute Partner«, die »immer da sind, wenn wir sie brauchen«.
Auf die Frage, ob diese Maßnahmen nicht völlig übertrieben seien, verteidigt sich Kleinsorg. Mitarbeiter*innen der Bäder seien vergangenes Jahr verbal und körperlich attackiert worden. Die 99 Prozent der friedlichen Besucher*innen sollten sich auch sicher fühlen können, so der Vorstandsvorsitzende.
»Es gibt ja welche, die kommen nur her, um Stress zu machen.«
Justin Scharafinski Besucher des Freibads am Columbiadamm
Dass Überwachung und Kontrollen im Vergleich zu vergangenen Jahren strenger geworden sind, nimmt auch der 17-jährige Justin Scharafinski wahr. Aber dafür habe er Verständnis. Denn es gebe durchaus Jugendliche, »die kommen nur her, um Stress zu machen«, sagt er.
Der 16-jährige Oskar Marquez, der mit seinen drei Freund*innen auf der Grünfläche abseits des Schwimmbeckens das Kartenspiel Uno spielt, zeigt ebenfalls Verständnis für die strengeren Sicherheitsmaßnahmen. Das, was ihn nerve, sei der neu eingeführte Fokus auf den Verkauf von Online-Tickets. »Mit vielen Leuten oder spontan schwimmen wird schwieriger«, sagt Marquez zu »nd«. Die Teenager seien trotz erstem Ferientag schon um halb zehn hier gewesen, da ab zehn die Kassen schließen und nur noch vorab online gekaufte Tickets gültig sind. Über neue Sportangebote des Sommerbads – aufklappbare Tischtennisplatten und verschiebbare Basketballkörbe – freuen sich die Jugendlichen. Nur der Basketball habe gefehlt. Beim Körbewerfen mussten sie ihren kleinen Gummiball benutzen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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