Englischsprachige Studienfächer schnell ausgebucht

Studierende aus dem Ausland stellen 40 Prozent der Kommilitonen an der Technischen Universität Cottbus-Senftenberg

  • Matthias Krauß
  • Lesedauer: 3 Min.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mit Studenten der Technischen Universität Cottbus-Senftenberg
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mit Studenten der Technischen Universität Cottbus-Senftenberg

Von einem »Quantensprung« und einer »wesentlichen Weichenstellung« sprach Brandenburgs Wissenschaftsministerin Manja Schüle (SPD), als sie am Donnerstag die neuen Hochschulverträge vorstellte. Der Termin in der Potsdamer Staatskanzlei bot Einblicke in die akademische Wirklichkeit im Bundesland.

Die Technische Universität Cottbus-Senftenberg (BTU) – jahrelang von sinkenden Studierendenzahlen heimgesucht – hat die Trendwende geschafft. Die Zielzahl von 7300 Einschreibungen, zu denen sie sich verpflichtet hat, werde sie deutlich übertreffen, sagte BTU-Präsidentin Gesine Grande. Diese Wende werde auch in den seit Langem schwächelnden technischen Fächern erreicht. Das Studienfach »elektrischer Antrieb« beispielsweise sei mit 1300 Studierenden ausgebucht. Das Verblüffende: Der Zuwachs wird nahezu ausschließlich durch Kommilitonen aus dem Ausland erzielt. Im Unterschied zu deutschen Abiturienten bewerben diese sich zuhauf um ein Studium in den technischen Fächern. Die Bedingung: In den Vorlesungen und Seminaren wird ausschließlich in englischer Sprache gelehrt.

Kaum bietet die BTU einen Studiengang auf Englisch an, ist er Grande zufolge voll. Inzwischen machen Studierende ausländischer Herkunft 40 Prozent der Studierenden an der BTU aus. Bei ihnen gebe es übrigens kaum Studienabbrecher. Anders sieht es bei den Deutschen aus. »Das Interesse der jungen Leute in Deutschland hat sich verändert«, erklärte Grande. Dies sei keine Erscheinung, die sich auf Cottbus oder das Land Brandenburg beschränken lasse, sondern ein bundesweiter Trend. Auf 50 Prozent sei die Zahl der deutschen Bewerber für ein Maschinenbaustudium an der BTU gefallen.

In der BRD galt der Maschinenbau einst als Rückgrat des Wirtschaftswunders in den 50er Jahren, und auch im Osten war diese Fachrichtung entscheidend für den Wiederaufbau der Industrie nach dem Zweiten Weltkrieg. Würde man die mathematisch-naturwissenschaftlichen Studienfächer abschaffen, »dann wäre die Universität voller deutscher Studentinnen und Studenten«, zeigte sich die Präsidentin sicher. Aber das wäre ihr zufolge kurzsichtig. Die deutschen Schulabgänger neigen eher dazu, ihr Studium abzubrechen, meist schon in den ersten beiden Semestern. »Die Abbrecherquoten steigen«, bedauerte Grande. Im Unterschied zu jungen Menschen aus dem Ausland »wissen viele nicht, was sie wollen und wohin sie wollen«.

Hinter dem Abbruch eines Studiums kann aber auch der Wechsel der Studienrichtung stecken, erläuterte Matthias Barth, Präsident der Eberswalder Hochschule für nachhaltige Entwicklung. Eine solche Umorientierung »wäre in Ordnung«.

Heißt das nun, dass in Cottbus Ingenieure für die ganze Welt ausgebildet werden, aber kaum noch für Deutschland? Es komme darauf an, die ausländischen Absolventen in Deutschland zu halten, sagte Wissenschaftsministerin Schüle. Die »allermeisten wollen in der Region bleiben«, bestätigte Universitätspräsidentin Grande. Aber gelingt das ohne Deutschkenntnisse? Es gebe Kontakte zu den Industrie- und Handelskammern sowie den Handwerkskammern, versicherte Grande. Es schwinde die bornierte Haltung nach der Methode, man nehme nur Fachkräfte mit Deutschkenntnissen.

Die Ministerin gab bekannt, dass neue Verträge für alle acht Hochschulen in Brandenburg unterzeichnet worden sind. Damit werden zusätzlich zur Grundfinanzierung von 370 Millionen Euro noch 78 Millionen extra gewährt, die über vier Jahre hinweg ausgereicht werden sollen. Finanziert werden damit Maßnahmen für mehr Chancengleichheit, Familienfreundlichkeit und mehr Kooperation. Die Hochschulen erhalten bei der Verwendung der Mittel mehr Autonomie, gleichwohl müssen sie sich auch zu bestimmten Dingen verpflichten. Schüle nannte das Ziel, bis 2028 einen Anteil der unbefristet eingestellten akademischen Mitarbeiter von 40 Prozent zu gewährleisten. Gegenwärtig schwanke der Anteil von Hochschule zu Hochschule zwischen 19 und 50 Prozent.

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