»Vietdeutsche« in Berlin: Mehr als Restaurants und Nagelstudios

Ein Festival zeigt die Vielfalt vietdeutscher Kultur

  • Marina Mai
  • Lesedauer: 3 Min.
Im Dong-Xuan-Center in Lichtenberg wird vier Tage lang vietdeutsche Kultur gefeiert.
Im Dong-Xuan-Center in Lichtenberg wird vier Tage lang vietdeutsche Kultur gefeiert.

Nicht nur Kulinarik: Seit mehr als 40 Jahren gibt es eine Community von Vietnamstämmigen in Berlin. Mit der Zeit haben »Vietdeutsche« in zahlreichen kulturellen Sparten Fuß fassen können. Einen Einblick in diese kulturelle Vielfalt gibt das Festival »Song O Berlin« (Leben in Berlin). Ab Donnerstag präsentieren vor allem Vertreter der zweiten Generation vietnamesischer Zuwanderer im Dong-Xuan-Center in Lichtenberg Musik, Comedy, Film und Artistik.

Damit wollen sich deutschvietnamesische Künstler gegenseitig promoten. »Sie bekommen in Deutschland eine Bühne, aber eher an kleinen Orten«, sagt Kuratorin Mai Le vom Eventbüro Doering, die selbst als Kind vietnamesischer Einwanderer in Berlin aufgewachsen ist. »Wir haben den Anspruch, sie an vier Tagen zusammenzubringen und ihnen eine große Bühne zu bieten.« Die Veranstalter sind optimistisch, dass ihr Angebot viele Zuschauer finden wird. Im letzten Jahr hatten sie am selben Ort ein Konzert veranstaltet, zu dem 3500 Gäste gekommen waren.

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Zur Eröffnungsgala am Donnerstagabend im Dong-Xuan-Haus, das am Standort des früheren Kulturhauses des VEB Elektrokohle Lichtenberg steht, werden die Höhepunkte präsentiert. Neben Livemusik, Talks und Kurzfilmen tritt die Kabarettistin Mai My aus Hamburg auf, The Funky Monkeys zeigen eine Fusion aus Artistik, Hip-Hop und Zirkus. Moderiert wird die Veranstaltung von der Journalistin Vanessa Vu.

Freitag und Samstag gehören der Livemusik. Hierfür macht die in Vietnam populäre Band »Saigon Soul Revival« auf ihrer Europatour eigens Station in Berlin. Auch einheimische Musiker sollen auftreten, wie der aus der Fernsehshow »The Voice of Germany« bekannte Sänger Vinh Khuat.

Am Sonntag stehen dagegen Filmschaffende im Fokus: Der Regisseur Duc Ngo Ngoc stellt seine für die ARD produzierte Serie »Made in Germany« vor, die Erfahrungen von Einwandererkindern zeigt. Unterstützt wird das Festival vietdeutscher Popkultur vom Hauptstadtkulturfonds, dem Bezirksamt Lichtenberg und dem Musikboard Berlin.

Eine Ausstellung informiert über die Geschichte von Vertragsarbeitern in der DDR und nach der Wende. Als Vertragarbeiter werden die etwa 60 000 vietnameischen Arbeitskräfte in der DDR bezeichnet. Außerdem finden Führungen durch das Dong-Xuan-Center statt, das an diesem Wochenende seinen 20. Geburtstag feiert.

2006 entstand das Center für vietnamesische, indische, pakistanische und andere asiatische Händler, die hier im Großhandel Textilien, Lebensmittel und Geschenkartikel an die vielen Einzelhändler aus ihren Communitys verkaufen konnten. Solche Großmärkte gab es damals mehrere in Berlin, heute ist nur noch das Dong-Xuan-Center und ein weiterer übrig. Aus anfangs drei Gewerbehallen mit je 6000 Quadratmetern sind inzwischen sechs geworden. Dazu kommen Lagerhallen, ein Büro und das Kulturhaus. Damit ist es der größte Asiamarkt Deutschlands.

Rund um den Handel haben sich Steuerberater, Dolmetscher, Fotostudios und ein Rechtsanwalt angesiedelt. Auch die Nationalität der rund 400 Mieter ist diverser geworden. Es gibt deutsche, türkische, arabische und lateinamerikanische Händler. Das Center stand auch immer wieder im Fokus der Kriminalitätsberichterstattung. Vor allem Schleusergeschäfte, Schwarzarbeit und Gewaltkriminalität werden hier vermutet.

»Viele Händler der ersten Stunde gehen langsam in den Ruhestand und geben ihr Unternehmen an Verwandte ab«, sagt Dong Thanh Nguyen. Er ist Assistent der Geschäftsführung, der Schwiegersohn des Geschäftsführers Nguyen Van Hien und hat in Deutschland ein Studium der Wirtschaftsmathematik absolviert. Er läutet auch im Management des Großmarkts einen Generationswechsel ein.

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