G20: Minimalkonsens zur Besteuerung von Superreichen

G20 veröffentlichen nach Finanztreffen eine Absichtserklärung zur globalen Vermögensteuer

Der brasilianische Wirtschaftsminister Fernando Haddad hatte beim Treffen der G20-Finanzminister in Rio de Janeiro, Brasilien, den Vorsitz inne und lobbyierte für eine Vermögensteuer.
Der brasilianische Wirtschaftsminister Fernando Haddad hatte beim Treffen der G20-Finanzminister in Rio de Janeiro, Brasilien, den Vorsitz inne und lobbyierte für eine Vermögensteuer.

Die Finanzminister*innen der G20 einigten sich vergangenen Freitag darauf, sich für eine wirksame Besteuerung der Superreichen einzusetzen. »Unter voller Wahrung der Steuerhoheit werden wir uns bemühen, gemeinsam dafür zu sorgen, dass sehr vermögende Privatpersonen effektiv besteuert werden«, hieß es in der Abschlusserklärung des Treffens der Finanzminster*innen in Rio de Janeiro. Brasiliens Finanzminister Fernando Haddad bezeichnete die Einigung als einen »bedeutenden Schritt nach vorne«.

Die Erklärung lässt jedoch viele Fragen offen. So gab es bereits erste Meinungsverschiedenheiten über künftige Zuständigkeiten, wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet. Ob die Vereinten Nationen (UN) oder die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) die Steuerkooperation koordinieren sollen, blieb nach dem Treffen unklar.

US-Finanzministerin Janet Yellen sprach der UN die Expertise zu dem Thema ab. Führende Unterstützer*innen der globalen Milliardärssteuer, darunter Nobelpreisträger Joseph Stiglitz und Susanne Ruiz, Leiterin der Abteilung Steuerpolitik der Hilfsorganisation Oxfam International, lobbyierten indes gegen die Durchführung der Kooperation durch die OECD. Die UN garantiere einen demokratischeren Prozess, argumentierte Ruiz.

nd.Kompakt – unser täglicher Newsletter

Unser täglicher Newsletter nd.Kompakt bringt Ordnung in den Nachrichtenwahnsinn. Sie erhalten jeden Tag einen Überblick zu den spannendsten Geschichten aus der Redaktion. Hier das kostenlose Abo holen.

Brasiliens ursprüngliche Idee

Brasiliens linksgerichteter Präsident Lula da Silva hatte den französischen Wirtschaftswissenschaftler Gabriel Zucman im Vorfeld des G20-Treffens beauftragt, ein konkretes Konzept für eine globale Vermögensteuer zu entwerfen. Laut Zucmans Plan sollten Milliardäre jährlich mindestens zwei Prozent ihres Vermögens an ihren Heimatstaat abführen. Das könnte, so die Berechnungen, zu Einnahmen von bis zu 250 Milliarden Dollar führen. Das Geld sollte für die Bekämpfung von Hunger und Konflikten, zur Pandemievorsorge und für Klimaschutz eingesetzt werden. Aktuell zahlen Milliardäre laut der Organisaiton EU Tax Observatory durchschnittlich 0,3 Prozent Steuern.

Unterstützung erfuhr Brasiliens Finanzminister von seinen Amtskollegen aus Südafrika, Spanien und Frankreich. Auch Deutschlands Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) zeigte sich im Vorfeld des internationalen Treffens gegenüber der Idee offen. Die USA sprach sich indes dagegen aus, ebenso das von Christian Lindner (FDP) geführte Finanzministerium. Ähnlich verlaufen die Fronten bei der Diskussion über eine Vermögensteuer innerhalb der Europäischen Union. Auch hier gilt Frankreich als Verfechter der Reform, während Deutschland blockiert.

Ampel-Debatte zur Vermögensteuer

Die Diskussion der G20 heizte die Debatte um eine deutsche Vermögensteuer erneut an. So lieferte SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich seiner Parteikollegin Schulze vergangene Woche Rückendeckung und verkündete, die Steuer für Superreiche zum Wahlkampfthema machen zu wollen. Lindner bezeichnete die SPD und ihre Forderungen daraufhin als »größte Gefahr für die Ampel-Regierung«, wie das Handelsblatt berichtete.

Die Diskussion wird sich auf internationaler wie auf nationaler Ebene weiter ziehen. Der letzte große steuerrechtliche Vorstoß der G20 war die sogenannte »globale Mindeststeuer«. Der Beschluss von 2021 wird dieses Jahr umgesetzt. International tätige Unternehmen mit einem Jahresumsatz von mehr als 750 Millionen Euro müssen demnach mindestens 15 Prozent Steuern zahlen.  Mit Agenturen

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -