Israel billigt Vergeltungsschlag

Libanon befürchtet Angriff auf die Hisbollah-Miliz. Diplomatie läuft auf Hochtouren

  • Cyrus Salimi-Asl
  • Lesedauer: 4 Min.
Eine Frau im drusischen Dorf Madschdal Schams auf den Golanhöhen protestiert gegen den Besuch des israelischen Premiers Netanjahu.
Eine Frau im drusischen Dorf Madschdal Schams auf den Golanhöhen protestiert gegen den Besuch des israelischen Premiers Netanjahu.

Martialische Töne sind aus Israel zu vernehmen. Nachdem eine Rakete, die mutmaßlich aus dem Libanon abgefeuert wurde, zwölf Fußball spielende Kinder getötet hat, bereitet Israel einen Vergeltungsschlag vor: »Unsere Antwort wird kommen, und sie wird hart sein«, sagte Benjamin Netanjahu in Madschdal Schams, dem Ort des Raketentreffers, der auf den Golanhöhen an der Grenze zu Syrien liegt. Das Gebiet war 1967, im sogenannten Sechs-Tage-Krieg, von Syrien erobert und 1981 völkerrechtswidrig von Israel annektiert worden. Mehrheitlich leben dort israelische Siedler, geschätzt etwa 32 000, sowie rund 22 000 arabische Drusen, zum Teil auch mit syrischer Staatsbürgerschaft. Die Drusen gelten als Abspaltung der islamischen schiitischen Religionsgemeinschaft.

Im Libanon macht sich die Regierung Sorgen über einen bevorstehenden israelischen Angriff auf die Hisbollah-Miliz, der Israel und die USA den Raketenangriff anlasten. Israels Sicherheitskabinett hatte am späten Sonntagabend Regierungschef Benjamin Netanjahu und Verteidigungsminister Joaw Galant dazu ermächtigt, über die weitere Vorgangsweise gegen die Hisbollah im Libanon zu entscheiden.

Israel verspricht »begrenzte Eskalation«

Dass die israelische Armee die Hisbollah-Miliz in irgendeiner Weise angreifen wird, gilt inzwischen als ausgemacht. Die Frage ist nur noch, wann, wo und in welchem Umfang. Derzeit laufen diplomatische Bemühungen verschiedener Länder auf Hochtouren, um den erwarteten israelischen Vergeltungsschlag zumindest zu begrenzen, berichtet das libanesische Außenministerium. Demnach würden die USA, Frankreich und andere Staaten versuchen, die Eskalation einzudämmen, sagte der libanesische Außenminister Abdallah Bou Habib am Sonntag dem Lokalsender Al-Dschadid.

»Wir haben Zusicherungen erhalten (…), nach denen Israel eine begrenzte Eskalation vornehmen wird«, sagte er. Im Gegenzug werde die Hisbollah »begrenzt« zurückschlagen, fuhr Habib fort. Der libanesische Regierungschef Nadschib Mikati erklärte seinerseits, dass es weiter Kontakt zu »mehreren internationalen, europäischen und arabischen Parteien« gebe, »um den Libanon zu schützen und ihn vor Gefahren zu bewahren«.

»Ich glaube nicht, dass der israelische Premierminister im Moment an einem totalen Krieg interessiert ist.«

Randa Slim
Middle East Institute in Washington

Die Bundesregierung rief deutsche Staatsangehörige auf, das Land schnellstmöglich zu verlassen. Aus Sicherheitsgründen hat der Lufthansa-Konzern Flüge in die libanesische Hauptstadt Beirut gestoppt. Bis einschließlich 5. August seien alle Flüge ausgesetzt, teilte der Konzern mit. Betroffen sind demnach die Gesellschaften Swiss sowie Lufthansa und Eurowings. Auch Air France setzte seine Flüge von Paris nach Beirut bis Dienstag aus Sicherheitsgründen aus, wie die Airline mitteilte, ebenso die nationale jordanische Fluggesellschaft Royal Jordanian.

Nach dem Raketentreffer und der angekündigten israelischen Vergeltung geht nun erneut die Angst in der Region um, dass sich im Norden Israels eine zweite Kriegsfront auftun könnte. Unklar ist, wie sich der Iran, Schutzpatron und Finanzier der Hisbollah-Miliz, in einem solchen Fall verhalten würde. Die Regierung in Teheran warnte Israel vor einem »neuen Abenteuer« und bezeichnete den Vorfall in Madschdal Schams als »erfundenes Szenario«, das von den mehr als 39 000 getöteten Palästinensern im Gazastreifen ablenken solle, berichtet der TV-Sender Al-Jazeera.

Verbale Warnungen des Iran

Der Sprecher des iranischen Außenministeriums, Nasser Kanaani, erklärte am Sonntag, dass eine militärische Reaktion Israels die Region weiter destabilisieren und die Flammen des Krieges anfachen würde. Sollte dies geschehen, werde Israel »die Hauptverantwortung für die unvorhersehbaren Auswirkungen und Reaktionen auf ein solches dummes Verhalten tragen«.

Nach Ansicht von Randa Slim vom Middle East Institute in Washington sind Israel und die Hisbollah nicht auf einen umfangreichen Waffengang aus: »Ich glaube nicht, dass der israelische Premierminister im Moment an einem totalen Krieg interessiert ist«, sagte sie gegenüber Al Jazeera, »auch weil ein größerer Krieg im Libanon, in den die Hisbollah verwickelt ist, unkontrollierbare, unvorhersehbare Folgen hat. Denn wenn er eskaliert, wird letztendlich auch der Iran involviert

Kriegsdrohungen der Türkei

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan drohte Israel unterdessen mit militärischer Einmischung: »So wie wir in Bergkarabach reingegangen sind, so wie wir in Libyen reingegangen sind, werden wir mit ihnen dasselbe tun«, sagte er auf einer Veranstaltung seiner Partei AKP. Erdoğan bezog sich dabei auf den Bergkarabach-Konflikt, wo Erdoğan die Konfliktpartei Aserbaidschan mit Drohnen unterstützte. Im Bürgerkriegsland Libyen unterstützt Ankara die international anerkannte Regierung militärisch. Mit Agenturen

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