»World of Warcraft« - Die Gilde findet sich

500 Entwickler des Computer-Rollenspiels »World of Warcraft« haben eine Gewerkschaft gegründet

»World of Warcraft« bei einer Videospielemesse in Schanghai
»World of Warcraft« bei einer Videospielemesse in Schanghai

Es dürfte einem Fanal für die Videospielebranche gleichkommen: Mehr als 500 Entwickler des weltweit erfolgreichen Rollenspiels »World of Warcraft« (WoW) stimmen für die Gründung einer Gewerkschaft. »Wir sind die World of Warcraft Game Makers Guild (Entwicklergilde)«, stellt sich die Gewerkschaft auf ihren Social-Media-Kanälen vor. »Wir sind die erste berufsübergreifende Gewerkschaft bei Blizzard.« Der US-amerikanische Spieleentwickler Activision/Blizzard mit Sitz in Irvine, Kalifornien ist seit 2022 Teil des Microsoft-Konzerns, innerhalb dessen sich zuletzt mehrere Initiativen von Beschäftigten zu Gewerkschaftsprojekten verfestigten.

Die neu gegründete Gewerkschaft ist bei der Branchengewerkschaft Community Workers of America (CWA) angesiedelt. Berufsübergreifende Organisierung meint, dass sich nicht nur eine Zunft für ihre Belange zusammengetan hat. Zur WoW-Game Makers Guild gehören nach eigenen Angaben Beschäftigte aus den Bereichen Qualitätssicherung, Kunst, Ton, Technik und Design. Die WoW-Game Makers Guilde erklärt, man wolle in einer für die Spieleindustrie entscheidenden Zeit zusammenstehen. Bei Blizzard und Microsoft hatte es zuletzt Entlassungen gegeben.

Das Online-Spiel »World of Warcraft« gibt es seit 20 Jahren. Immer wieder erscheinen Erweiterungen. Anders als bei anderen Titeln schließen die Spieler ein Abo ab und müssen monatlich Geld bezahlen. Die Abonnent*innen-Zahl liegt dem Vernehmen nach bei etwa sieben Millionen.

»Meine Kollegen und ich machen uns auf den Weg, um durch einen starken Gewerkschaftsvertrag bessere Löhne, Sozialleistungen und Arbeitsplatzsicherheit zu erreichen.«

Test-Analyst bei Blizzard und Mitglied der World of Warcraft Game Makers Guild

Laut einer Presseerklärung der CWA war die Gründung der Gewerkschaft erst der Anfang: »Meine Kollegen und ich machen uns auf den Weg, um durch einen starken Gewerkschaftsvertrag bessere Löhne, Sozialleistungen und Arbeitsplatzsicherheit zu erreichen«, erklärte ein Test-Analyst von Blizzard.

Einem leitenden Organizing-Direktor der CWA zufolge sei die Geburt der WoW-Game Makers Guilde das Ergebnis langjähriger Organisierungsprozesse, die schon 2021 begannen, also vor Übernahme durch Microsoft. Als Antwort auf sexuelle Übergriffe, Diskriminierungen und Ungleichheit im Blizzard-Imperium hatten Beschäftigte in einer spektakulären Aktion gemeinsam spontan ihren Arbeitsplatz verlassen – eine in den USA übliche Methode des Arbeitskampfes.

Nach der Übernahme hatte Microsoft mit der CWA ein Neutralitätsabkommen abgeschlossen, Microsoft sich so zur Zusammenarbeit mit der Gewerkschaft bekannt. Nach der jetzigen Bekanntmachung erklärte ein Sprecher: »Wir unterstützen weiterhin das Recht unserer Mitarbeiter, selbst über ihre Vertretung am Arbeitsplatz zu entscheiden. Und wir werden in gutem Glauben mit der CWA verhandeln, während wir auf einen Tarifvertrag hinarbeiten.«

Der Journalist Florian Zandt berichtet regelmäßig über die Tech- und Gaming-Branche. Er sagt, dass es in letzter Zeit immer wieder Nachrichten über Belegschaften gab, die sich organisieren. »Es handelt sich um einen relativ jungen Trend, der aber besonders bei Microsoft auffällt.« Erste studioweite Erschließungen habe es ab 2021 gegeben. Dies seien Nachwehen davon, dass sich ab 2018 auch in der Breite durchsetzte, Konzerne wie Google oder Facebook kritisch zu beäugen. Zandt sagt: »Es entwickelte sich ein anderer Umgang mit Missständen. Beschäftigte fingen an, ihre Rechte wahrzunehmen und sich dafür einzusetzen.« Einen ersten Tarifvertrag habe es in den USA in der Videospielindustrie erst Ende 2023 gegeben, der erste größere Abschluss sei bei Sega im März 2024 gelungen, so Zandt.

Christine Muhr ist Gewerkschaftssekretärin im Fachbereich Informations- und Kommunikationstechnologie bei Verdi. Sie überblickt vor allem die deutsche Games-Branche. »Es gibt einen Trend zum Personalabbau«, sagt Muhr, »Künstliche Intelligenz wird in einzelnen Entwicklungsbereichen eingesetzt, was zu Rationalisierungseffekten führt.« Karrieremöglichkeiten stünden nur in Aussicht, wenn man in ein Netzwerk gelange, in dem es als Vorleistung üblich sei, schlechte Arbeitsbedingungen zu akzeptieren oder unbezahlte Überstunden zu leisten, so Muhr. Die gewerkschaftliche Erschließung laufe national zwar unterschiedlich und entsprechend der jeweiligen rechtlichen Rahmenbedingungen ab, die Beschäftigten seien international aber gut vernetzt, es gebe einen regen Austausch. »Das gibt Motivation um für gute Arbeitsbedingungen und für qualitative Arbeit einzustehen«, sagt Muhr.

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