Leistbarkeitsversprechen läuft ins Leere

Mehrheit der Anträge auf Mietminderung bei den Landeseigenen wird abgelehnt

Nur ein Bruchteil der Mieter*innen bei den Landeseigenen Wohnungsunternehmen hat versucht die Miete zu mindern.
Nur ein Bruchteil der Mieter*innen bei den Landeseigenen Wohnungsunternehmen hat versucht die Miete zu mindern.

Es soll die letzte Notbremse sein: Das Leistbarkeitsversprechen der Berliner Landeseigenen Wohnungsunternehmen (LWU) verspricht, dass Mieter*innen nicht mehr als 27 Prozent ihres Einkommens für die Nettokaltmiete ausgeben müssen. Dieses Versprechen ist in der Kooperationsvereinbarung zwischen Senat und den LWU festgehalten. Im Fall der Fälle können Mieter*innen eine Mietminderung beantragen, damit die Schwelle zur Mietüberlastung nicht überschritten wird.

Bisher greift dieses Versprechen aber nicht sonderlich. Das geht aus der Antwort auf eine Anfrage des wohnungspolitischen Sprechers der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, Niklas Schenker, hervor. Nicht nur stellen sehr wenige Mieter*innen Anträge: Im ersten Quartal waren es nach Senatsangaben 468. Auch der Anteil der bewilligten Anträge ist niedrig. Von 355 bereits bearbeiteten Anträgen wurden nur 51 positiv beschieden.

»Das Leistbarkeitsversprechen des Senats löst sich in Luft auf. Es schafft keine Entlastung, sondern ist lediglich ein Feigenblatt des Senats, um die drastischen Mietsteigerungen zu rechtfertigen«, sagt dazu Niklas Schenker. Dass nur so wenige Anträge gestellt werden, liegt nach seiner Einschätzung an zweierlei: Der Senat habe es verpasst, das Versprechen bekannt zu machen, und es sei auch viel zu kompliziert gestaltet. »Verständlicherweise schrecken viele Betroffene aufgrund des komplizierten Verfahrens vor einem Antrag zurück«, so der wohnungspolitische Sprecher.

Der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU), dem auch die LWU angehören, meint hingegen, das Leistbarkeitsversprechen sei den Mieter*innen bekannt, da in jedem Mieterhöhungsschreiben darauf hingewiesen werde. BBU-Vorständin Maren Kern sieht in der niedrigen Zahl der Anträge eine Bestätigung der Mietenpolitik der Unternehmen: »Die dennoch extrem niedrige Zahl von Anträgen zeigt, dass die Unternehmen trotz des hohen Kostendrucks höchst maßvoll und sozial ausgewogen bei Mietanpassungen vorgehen.«

Auch der Senat deutet die Zahlen so. »Offenbar sind die Mieterhöhungsverlangen der landeseigenen Wohnungsunternehmen so moderat, dass die Mietenden dadurch nicht über die Maßen belastet werden«, so ein Sprecher der Senatsverwaltung für Wohnen auf nd-Anfrage. Man empfehle allen, die anspruchsberechtigt sind, die Möglichkeit der Unterstützung in Anspruch zu nehmen.

Den wenigen erfolgreichen Mietminderungen stehen seit Anfang des Jahres mehr als 150 000 Mieterhöhungen bei den LWU entgegen. Nach einem lange gültigen Mietenstopp waren diese mit einer im vergangenen Jahr geschlossenen neuen Kooperationsvereinbarung möglich geworden, begründet mit der Notwendigkeit, den Neubau von Wohnungen zu finanzieren, gerechtfertigt auch mit dem Leistbarkeitsversprechen.

Mietenpolitiker Schenker weist auf eine Leerstelle des Versprechens hin: »Die explodierten Heizkosten sind ohnehin nicht vom Leistbarkeitsversprechen abgedeckt.« Um Wirkung zu entfalten, müsse es von der Nettokaltmiete auf die Warmmiete umgestellt werden, so der Linke-Politiker. »Niemand sollte mehr als 27 Prozent seines Einkommens für die gesamten Wohnkosten aufbringen müssen.«

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