Zahl der unerwünschten Grenzübertritte in die EU sinkt drastisch

Netzwerk »Abolish Frontex« kündigt Proteste zum 20. Gründungstag an

Frontex im Einsatz gegen irreguläre Migration an der Grenze zwischen Moldawien und der Ukraine.
Frontex im Einsatz gegen irreguläre Migration an der Grenze zwischen Moldawien und der Ukraine.

Die Zahl der irregulären Grenzübertritte in die Europäische Union ist in den ersten sieben Monaten des Jahres 2024 um 36 Prozent auf insgesamt 113 400 gesunken. Das teilte die in Warschau ansässige EU-Grenzagentur Frontex am Dienstag auf ihrer Webseite mit. Die größten Rückgänge wurden demnach mit 75 beziehungsweise 64 Prozent auf Routen über den Westbalkan und das zentrale Mittelmeer verzeichnet. Die östliche Landgrenze und die westafrikanische Route zeigten hingegen die höchsten Anstiege. Die bei den Einreisen ohne nötige Papiere am häufigsten festgestellten Nationalitäten waren laut Frontex in diesem Jahr die syrische, die malische und die afghanische.

Insgesamt sollen über die zentrale Mittelmeerroute im Zeitraum Januar bis Juli nur noch 32 200 Menschen angekommen sein. Ähnliche Zahlen hatte in den vergangenen Wochen das italienische Innenministerium verlautbart und dafür ein Abkommen mit Tunesien als Begründung genannt. Die EU-Kommission in Brüssel und die Regierung in Rom unterstützen das Land mit dreistelligen Millionenbeträgen, im Gegenzug verhindert die dortige Küstenwache immer mehr Abfahrten nach Europa.

Auch laut Frontex geht der Rückgang in diesem Jahr »hauptsächlich auf präventive Maßnahmen der tunesischen und libyschen Behörden zurück, die die Aktivitäten von Schmugglern stören«. Ankünfte aus diesen beiden Ländern machten jedoch weiterhin 95 Prozent aller auf der zentralen Mittelmeerroute gemeldeten Migranten aus.

Die Zahl der unerwünschten Migranten auf der westlichen Balkanroute sank den Zahlen zufolge auf etwas mehr als 12 400. Währenddessen wurden auf der westafrikanischen Route insgesamt 21 600 Menschen verzeichnet, ein Zuwachs von 154 Prozent. Als »zweitaktivste Migrationsroute« in die EU nennt Frontex die östliche Mittelmeerroute von der Türkei nach Griechenland. Dort stieg die Zahl der Ankünfte um 57 Prozent auf fast 29 700.

Für die östlichen Landgrenzen zu Russland, Belarus und zur Ukraine beobachtet die Grenzagentur in diesem Jahr einen Anstieg um fast das Doppelte auf rund 9500 Menschen. Auf der sogenannten Kanalroute nach Großbritannien stieg die Zahl der Feststellungen in den ersten sieben Monaten des Jahres 2024 um 22 Prozent auf 33 183. Allerdings handelt es sich bei diesen Angaben nicht um irreguläre Ein-, sondern Ausreisen aus der EU.

Auch bei den anderen Zahlen kann es Ungereimtheiten geben. Mitunter überquere dieselbe Person die EU-Außengrenze mehrmals an verschiedenen Stellen, schreibt Frontex und erkennt damit implizit an, dass die Menschen von einigen Staaten zurückgetrieben werden.

Frontex setzt derzeit 2900 Beamte in verschiedenen Operationen in ganz Europa ein. Diese werden von den jeweiligen Gaststaaten eingeladen. Das Personal und die Ausrüstung stammten bislang aus den EU-Mitgliedstaaten, doch baut Frontex eine eigene Grenztruppe mit 10 000 Beamten auf. Die weiter amtierende Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte in ihrer Antrittsrede angekündigt, die Zahl dieser »Ständigen Reserve« verdreifachen zu wollen.

Im Oktober jährt sich die Gründung von Frontex zum 20. Mal. Verschiedene Gruppen und Organisationen aus Europa und Afrika haben über das Netzwerk »Abolish Frontex« Proteste angekündigt.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Das beste Mittel gegen Fake-News und rechte Propaganda: Journalismus von links!

In einer Zeit, in der soziale Medien und Konzernmedien die Informationslandschaft dominieren, rechte Hassprediger und Fake-News versuchen Parallelrealitäten zu etablieren, wird unabhängiger und kritischer Journalismus immer wichtiger.

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!

Unterstützen über:
  • PayPal