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Rigaer 94 ist räumungsbedroht

Altmieter des Friedrichshainer Hausprojekts haben ihre Mietverträge aufgelöst

Vier von eintausend: Berliner Polizist*innen setzen 2021 eine Brandschutzbegehung durch
Vier von eintausend: Berliner Polizist*innen setzen 2021 eine Brandschutzbegehung durch

Das autonome Hausprojekt Rigaer 94 hat schon viele Schwierigkeiten überstanden. Von Briefkastenfirmen initiierte Räumungsprozesse wurden abgewehrt, genauso wie von der Polizei begleitete Angriffe von Bauarbeitern mit Vorschlaghammer. Jetzt droht dem linksradikalen Hausprojekt in Friedrichshain neues Ungemach.

Wie die Bewohner*innen in einer Erklärung am Dienstag mitteilen, haben sich fast alle Personen, die die Mietverträge für das Haus halten, aber nicht mehr dort wohnen, gemeinsam dazu entschlossen, diese aufzulösen. Dies sei, so die Bewohner*innen, einvernehmlich mit dem Eigentümer geschehen. »Als direkte Konsequenz dieser, im Hinterzimmer verhandelten ›Einigung‹ zwischen ehemaligen Besetzer*innen und dem Kapital, ist ab sofort der überwältigende Teil des Hinterhauses und Seitenflügels der Rigaer 94 zum ersten Mal seit 1992 ohne diese Mietverträge«, erklären die Bewohner*innen. Es bleibe nur ein einzelner Mietvertrag, von einem Altmieter, der sich nicht an der Einigung beteiligt hat.

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Teil der Einigung sei, dass auch aktuell vor dem Landgericht Berlin verhandelte Räumungsansprüche anerkannt würden. Bis zuletzt hatte es so ausgesehen, dass Räumungsklagen gegen die Rigaer 94 im Sande verlaufen würden. Hintergrund ist, dass die Briefkastenfirma Lafone Investments, die als Eigentümerin auftritt, wiederholt ihre Prozessbevollmächtigung nicht ausreichend nachweisen konnte.

Die Wende kam in diesem Jahr. Wie die »Taz« berichtet, habe das Kammergerichts entschieden, die Unternehmenstätigkeit von Lafone Investments wegen neuer Glaubhaftmachungen nicht mehr anzuzweifeln. In der Folge entschied das Gericht, dass ein*e vermeintliche*r Bewohner*in eine Waschküche herausgeben müsse. Nach nd-Informationen wurde auch in zwei weiteren Rechtsstreitigkeiten wegen Wohnungen im Haus entschieden, dass die Lafone prozessfähig ist.

Auch wenn die Räumungsprozesse gegen die Inhaber*innen der Mietverträge beendet sind, stehen dennoch Gerichtstermine an. Ab September beginnen Verhandlungen gegen Personen, die bei einer Polizeirazzia im Oktober 2021 entweder persönlich oder durch gefundene persönliche Dokumente Wohnungen zugeordnet wurden.

Jenseits von Räumungsklagen hat es in der Vergangenheit immer wieder mehr oder wenige legale Versuche gegeben, das Haus im Friedrichshainer Nordkiez zu entmieten, das lange linksradikales Schreckgespenst für die Berliner Behörden war. Insbesondere eine Posse um Brandschutz im Gebäude sorgte dabei für Aufsehen: Im Jahr 2020 wollte die Eigentümerseite Mängel beim Brandschutz in dem Haus feststellen und dazu einen Gutachter ins Haus schicken. Die Bewohner*innen ließen daraufhin ein Gutachten erstellen und beseitigten Mängel selbst. Auch der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg führte eine Begehung durch.

Am Ende entschied das Oberverwaltungsgericht, dass die Bewohner*innen eine Brandschutzbegutachtung durch die Eigentümerseite zu dulden hätten. Um diese durchzusetzen, wurden am 17. Juni 2021 mehr als 1000 Polizeikräfte eingesetzt. Am Morgen der Begehung errichteten Autonome Barrikaden, Türen wurden aufgesägt, damit der Gutachter das Haus betreten konnte.

Die Bewohner*innen befürchteten nicht zu Unrecht, dass die Brandschutzbegehung nur ein Vorwand war. In den Jahren zuvor war es immer wieder zu rechtsstaatlich bedenklichem Handeln gekommen. So wurden etwa im Juli 2020 Polizeikräfte, die eine Hausdurchsuchung durchführten, von einem Trupp Bauarbeiter begleitet, die mit Vorschlaghämmern Löcher in Decken und Wände schlugen – ohne jegliche rechtliche Grundlage.

Die Auflösung der Mietverträge bedroht das Haus jetzt auf andere Art und Weise. Wie die Bewohner schreiben, habe es in den letzten Jahren immer wieder Druck gegeben, das Gebäude zu kaufen, um dem Haus eine sichere Grundlage zu geben. »Damals wie heute haben wir das entschieden abgelehnt, weil es uns eben nicht um unsere individuelle Sicherheit geht«, erklären die Bewohner*innen. Die Sicherheit ihrer Wohnverhältnisse interessiere sie wenig, solange andere nicht wüssten, wo sie sich ein Zuhause zusammenbasteln können. Aufgeben will die Rigaer 94 nicht und gibt sich kämpferisch: »Zu viele haben schon zu oft unser Ende verkündet, und auch dieses Mal können sich alle auf Überraschungen gefasst machen!«

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