Ausbildungsreport: Zufriedenheit sinkt

Unbezahlte Überstunden und inhaltsfremde Aufgaben belasten den Fachkräfte-Nachwuchs

Zählen noch zu den zufriedenen unter den Auszubildenden: Mechatroniker*innen und Zerspannungsmechaniker*innen.
Zählen noch zu den zufriedenen unter den Auszubildenden: Mechatroniker*innen und Zerspannungsmechaniker*innen.

Putzen, Müll herausbringen, Pflanzen gießen und Kaffee kochen. Die Zufriedenheit unter Auszubildenden sinkt, auch weil sie viele Aufgaben erledigen müssen, die nichts mit ihrer Ausbildung zu tun haben. Das geht aus dem am Donnerstag veröffentlichten Ausbildungsreport des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) hervor. So gaben 15,3 Prozent der Befragten an, dass sie oft ausbildungsfremde Aufgaben erledigen sollen – laut DGB ein historischer Höchststand.

Zwar ist mit 69,8 Prozent die überwiegende Mehrheit der Befragten mit ihrer Berufsausbildung noch zufrieden. Doch die Quote sank nach einem kurzen Hoch im Jahr 2022 (73,3 Prozent) nun sogar unter den Tiefstand der letzten zehn Jahre von 2019 (69,9 Prozent). »Wer eine Ausbildung macht, ist damit meist zufrieden. Aber nicht in allen Betrieben läuft es rund«, fasst DGB-Bundesjugendsekretär Kristof Becker die Ergebnisse zusammen.

Die Probleme sind vielfältig. Neben den ausbildungsfernen Aufgaben wurden auch Mängel in der Betreuung genannt. Weniger als die Hälfte der rund 10 000 befragten Auszubildenden gab an, mindestens monatlich eine persönliche Rückmeldung der Ausbilder*innen zu erhalten. Zudem berichtete ein Drittel von regelmäßigen Überstunden – 2,4 Prozent mehr als im Vorjahr. Oftmals erhielten sie dafür weder eine Vergütung noch einen Freizeitausgleich. »Das ist illegal«, unterstreicht Becker, scheint aber geläufig zu sein, insbesondere unter angehenden Köche und Köchinnen.

Auszubildende Industriemechaniker*innen sind dagegen besonders zufrieden, ebenso Industrie- und Bankkaufleute. »Überdurchschnittlich viele von ihnen fallen unter den Schutz eines Tarifvertrags«, erklärt Becker. Dort sind auch die Vergütungen besonders hoch. So erhalten Auszubildende im privaten Bankgewerbe im ersten Ausbildungsjahr 1300 Euro monatlich, wie aus aktuellen Zahlen des gewerkschaftsnahen Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts hervorgeht. Der Durchschnitt über alle Branchen hinweg beträgt knapp über 1000 Euro. Überdurchschnittlich gut ist die Vergütung auch in den Pflegeberufen im öffentlichen Dienst. »Dort sind die Plätze gut besetzt«, unterstreicht Becker.

Doch nicht überall sieht es so rosig aus. So hat sich die Quote für unbesetzte Ausbildungsstellen im Jahr 2023 laut Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung auf einen Rekordwert von 35,3 Prozent erhöht. Insbesondere kleineren Handwerksbetrieben fehlt es an Nachwuchs. Neben Maler*innen und Lackierer*innen gehören Friseur*innen zu den besonders unzufriedenen Auszubildenden. Dort betrugen die Vergütungen im Jahr 2023 knapp 700 Euro monatlich. »Da hält sich mein Mitleid in Grenzen, wenn sie keine Auszubildenden finden«, sagt Becker.

Laut Arbeitgeberverband BDA sind die vielen offenen Stellen im schlechten Bildungssystem begründet. Es gebe schlicht zu wenige Bewerber*innen und viele seien ungeeignet. Der DGB will dagegen die Hürden senken und die Bedingungen attraktiver gestalten, wie es auf nd-Nachfrage heißt. »Gebt denen eine Chance, die bislang durchs Raster fallen«, fordert DGB-Bundesvorständin Elke Hannack. »Auch Hauptschüler brauchen Ausbildungsplätze.«

Den insgesamt 204 000 unbesetzten betrieblichen Ausbildungsstellen stehen 121 000 Jugendliche gegenüber, die im August eine Stelle suchten. Zugleich ist die Zahl der jungen Menschen ohne Berufsabschluss laut DGB mit 2,9 Millionen auf einen Höchststand geklettert.

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