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US-Heimatschutz drängt auf Ringtausch mit EU-Systemen
Immer mehr Staaten verhandeln über gegenseitigen Zugriff auf Polizeidaten
In polizeilichen Datenbanken speichern Behörden Gesichtsbilder, Fingerabdrücke und andere erkennungsdienstliche Informationen sowohl von eigenen Staatsangehörigen als auch von Ausländern, die Asyl beantragen. Weitere Daten werden in migrationsbezogenen Systemen erfasst, etwa bei der Beantragung von Visa oder wenn abgelehnte Asylsuchende zur Ausreise verpflichtet sind. In der Europäischen Union werden sie von den Mitgliedstaaten gemeinsam betrieben. Im November wird ein europäisches »Ein-/Ausreisesystem« (EES) eingeführt, das beim Grenzübertritt biometrische Daten erfasst. Im Mai nächsten Jahres folgt ein »Reiseinformations- und -genehmigungssystem« (ETIAS), das dem US-amerikanischen »Electronic System for Travel Authorization« (ESTA) nachempfunden ist.
Mit mehreren Hundert Millionen Einträgen, darunter Fingerabdrücke und Gesichtsbilder, wird das EES eines der weltweit größten biometrischen Informationssysteme. Die Regierung in Washington hat seit Längerem ein Interesse an diesen Daten, bisher jedoch nur auf zwischenstaatlicher Ebene. Vor zwei Jahren forderte das US-Heimatschutzministerium von Regierungen, die am Programm für visumfreies Reisen in die USA teilnehmen, den US-Grenzbehörden direkten Zugriff auf Fingerabdrücke, Gesichtsbilder und Personendatensätze zu gewähren. Ob diese »Verstärkte Partnerschaft für Grenzsicherheit« auch den rund 40 betroffenen Staaten einen Zugriff auf biometrische Daten in den USA ermöglicht, bleibt unklar.
Es ist ungewöhnlich, dass eine Regierung einem anderen Staat privilegierten Zugriff auf derart persönliche Einträge gewährt. Ein Datenaustausch erfolgt meist nur auf Anfrage durch eine Polizeibehörde oder einen Geheimdienst. Ein solches »Sicherheitsabkommen« hat Deutschland 2008 mit den USA geschlossen. Es regelt die gegenseitige Abfrage zwischen dem Bundeskriminalamt und dem Federal Bureau of Investigation (FBI) nach dem »Treffer/Kein Treffer-Prinzip«. Dabei wird mit Fingerabdrücken oder DNA-Proben geprüft, ob zu einer Person Informationen vorliegen, die dann mit einem Rechtshilfeersuchen angefordert werden können. Die Ausweitung dieser Methode auf Gesichtsbilder ist geplant.
Dieses Prinzip könnten nun die sogenannten »Fünf-Augen-Staaten« übernehmen. Die ursprünglich als Geheimdienstallianz gegründeten »Five Eyes«, bestehend aus den USA, Australien, Neuseeland, Kanada und Großbritannien, prüfen derzeit die Möglichkeit zur gegenseitigen Abfrage ihrer Strafregisterdatenbanken. Die Initiative zielt auf Fingerabdrücke, die bei der Bearbeitung von Visaanträgen und Asylgesuchen genutzt werden sollen. Es ist noch offen, ob die Maßnahme auch Staatsangehörige der fünf Länder oder nur Menschen aus anderen Staaten betreffen würde.
Seit drei Jahren dürfen Geheimdienste der »Five Eyes« sowie anderer befreundeter Regierungen auch Terrorverdächtige im Schengener Informationssystem (SIS) ausschreiben. Werden diese Personen von der Polizei bei einer Kontrolle angetroffen, werden die Behörden benachrichtigt. Europol fungiert als Vermittler dieser Kooperation: Die Regierungen übermitteln Listen mit teilweise Hunderten Namen von Personen an die Polizeiagentur in Den Haag, die dann einen willigen Mitgliedstaat für den Eintrag in die größte europäische Polizeidatenbank sucht. Viele dieser Ersuchen stammen vom US-amerikanischen FBI.
Nach einer Anfrage über die Plattform »Frag den Staat« wurde eine weitere EU-Kooperation mit dem US-Heimatschutzministerium bekannt. In einem Anfang 2023 gestarteten Pilotprojekt erhält Europol Informationen zu Personen, die nach einem Antrag über das ESTA-Programm wegen »Terrorismusbezug« keine Einreiseerlaubnis in die USA erhalten haben. Europol kann die Betroffenen in eigenen Datenbanken oder im SIS suchen oder dort zur europaweiten Fahndung oder Beobachtung ausschreiben. Eingeschlossen sind auch Verweigerungen zum Schutz der »nationalen Sicherheit« – mit dem Begriff wird gewöhnlich die Arbeit von Geheimdiensten bezeichnet.
Im Hintergrund des Pilotprojekts steht das Ansinnen, dass die US-Grenzbehörden im Gegenzug über Personen benachrichtigt werden, die ab Mai 2025 im europäischen ETIAS-Programm eine Einreiseverweigerung wegen »Terrorismusbezug« erhalten. In diese Kooperation wäre dann auch die Grenzagentur Frontex in Warschau eingebunden, die von der EU-Kommission mit dem Betrieb des neuen »Reiseinformations- und -genehmigungssystems« beauftragt ist.
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