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Was wusste »Mr. Volkswagen«?
Der Strafprozess gegen Martin Winterkorn im Dieselskandal soll nun endlich beginnen
Die Justiz hält an ihrem Plan fest: Fast genau neun Jahre nach dem Auffliegen des Dieselskandals bei Volkswagen soll die Rolle des früheren Konzernbosses Martin Winterkorn endlich detailliert aufgearbeitet werden. Das Landgericht Braunschweig hat für den Strafprozess fast 90 Termine bis September 2025 angesetzt. Beginnen soll das Verfahren an diesem Dienstag. Berichte über die Gesundheit des 77-Jährigen ließen zuletzt aber Zweifel an der Planung aufkommen.
Erst vor wenigen Wochen, im Juli dieses Jahres, musste Winterkorn nach einem medizinischen Notfall erneut am Knie operiert werden. Der Eingriff sei gut verlaufen, Winterkorn körperlich aber stark geschwächt, hieß es damals aus seinem Umfeld. Ein Aufenthalt in einer Reha-Klinik wurde nötig. Die Frage, ob der frühere Vorstandschef tatsächlich bald nahezu jede Woche von Bayern nach Niedersachsen reist, um sich für zwei Tage auf die Anklagebank zu setzen, ist naheliegend. Vor allem, weil die Gesundheit die Planungen der Justiz schon mehrmals durcheinanderwirbelte.
Gemeinsam mit vier anderen Ex-VW-Managern sowie -Ingenieuren sollte Winterkorn eigentlich ab September 2021 in einem Braunschweiger Gerichtssaal sitzen. Die Anklage für das Verfahren – das nach drei Jahren Verhandlung längst nicht beendet ist – lautete auf gewerbs- und bandenmäßigen Betrug mit dem Täuschungsprogramm bei der Abgasreinigung von Dieselfahrzeugen. Kurz vor Beginn attestierte aber ein Gutachten Winterkorn fehlende Verhandlungsfähigkeit nach mehreren Hüftoperationen. Um dennoch mit der Aufarbeitung von »Dieselgate« voranzukommen, trennte der Richter den Winterkorn-Komplex von diesem Verfahren ab und erntete dafür reichlich Kritik.
Nun also ein weiterer Versuch,das Wirken und Wissen von»Mr. Volkswagen« vor Gerichtzu verhandeln.
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Nun also ein weiterer Versuch, das Wirken und Wissen von »Mr. Volkswagen« vor Gericht zu verhandeln. Um die Erinnerung für die breite Öffentlichkeit wiederherzustellen, trug die Wirtschaftsstrafkammer jüngst die gebündelten Vorwürfe auf einer sechsseitigen Vorschau zusammen. Es geht um gewerbsmäßigen Betrug, Marktmanipulation und eine uneidliche Falschaussage. Winterkorn soll VW-Käufer über die Beschaffenheit der Autos getäuscht und in den entscheidenden Septembertagen 2015 den Kapitalmarkt vorsätzlich nicht rechtzeitig über Risiken durch Strafzahlungen informiert haben. 2017 soll er dann vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestags uneidlich falsch dazu ausgesagt haben.
»Dieselgate« war im September 2015 durch Nachforschungen von US-Umweltbehörden und Wissenschaftlern aufgeflogen. Nach Angaben des Gerichts waren von den Manipulationen etwa neun Millionen Dieselfahrzeuge in Europa und Nordamerika betroffen, den Käufern soll ein Vermögensschaden von mehreren 100 Millionen Euro entstanden sein. Die Affäre stürzte VW in die schwerste Krise der Firmengeschichte und kostetet Milliarden Euro für die juristische Aufarbeitung. Winterkorn trat zurück und sagte später, er habe zu akzeptieren, dass sein »Name verbunden ist mit der sogenannten Dieselaffäre«.
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Eine strafrechtliche persönliche Verantwortung wies er aber stets von sich. Anfang 2024 äußerte sich Winterkorn erstmals als Zeuge vor Gericht. »Ich halte diese Vorwürfe für unzutreffend«, sagte der frühere Konzernlenker im milliardenschweren Zivilprozess von Investoren gegen VW vor dem Oberlandesgericht Braunschweig. Winterkorn bezog sich dabei auf die beiden Strafverfahren wegen Betrugs und Marktmanipulation von der Staatsanwaltschaft Braunschweig. Die Anklage wegen Falschaussage im Bundestag kommt von Berliner Strafverfolgern.
In seinem Statement als Zeuge sagte Winterkorn, er sei in die Entscheidungen zur Manipulations-Software nicht eingebunden gewesen. »Ich habe diese Funktion weder gefordert noch gefördert oder ihren Einsatz auch nur geduldet.« Bei der anschließenden Befragung über vier Tage wurde vor allem deutlich, dass die Operationen Spuren hinterlassen hatten. Winterkorn wirkte gesundheitlich angeschlagen und brauchte immer wieder längere Pausen. Das dürfte auch für den Strafprozess gelten, wenn dieser wie geplant startet. dpa/nd
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