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Nervige Eltern gibt’s nicht nur im Fußball, Herr Matthäus
Wenn es um Eltern mit zu viel Freizeit geht, ist sich nd-Kolumnist Christoph Ruf auch mal mit Lothar Matthäus einig. Zumindest ein bisschen.
Was glauben Sie, welches das größte Feindbild der Fußball-Bundesliga ist, und damit sind in diesem Fall die Profis und ihre Trainer gemeint? Die Presse vielleicht? Oder doch die Steuerfahndung? Die eigene pfeifende Fankurve nach der Niederlage? Alles nur situativ. Nein, das größte Feindbild rund um die Uhr und 364 Tage im Jahr stellt der Ex-Profi dar. Und zwar dann, wenn er, anstatt einen anständigen Beruf zu ergreifen, oder – ganz originell – »dem Fußball erhalten zu bleiben«, lieber »TV-Experte« geworden ist. Dem aktiven Profi ist der »TV-Experte« nämlich ein Besserwisser und Klugscheißer, einer, der die niederen Instinkte des Volkes bedient und so tut, als ob er in seiner aktiven Zeit alles richtig gemacht hätte.
Christoph Ruf ist freier Autor und beobachtet in seiner wöchentlichen nd-Kolumne »Platzverhältnisse« politische und sportliche Begebenheiten.
Bastian Schweinsteiger kommt aus der Nummer heraus, denn seine Taktik, einfach konsequent nichts zu sagen, wobei sich irgendjemand auf den Schlips getreten fühlen könnte, ist entweder wohlüberlegt oder conditio schweiniana. Im Gegensatz zu dieser stets freundlichen Floskelmaschine haben es die kritischeren Lothar Matthäus und Dietmar Hamann dagegen schwer, sich Freunde in der Branche zu machen.
Sich über ersteren lustig zu machen, hatte schon immer auch elitäre Züge, wie ich finde. Gut, der Mann redet Dialekt, das tun glücklicherweise viele Menschen. Schwerer wiegt die Tatsache, dass er bei den Bayern gespielt hat, aber auch das sollte verjährt sein. Spätestens dann, wenn alle aktuellen Bayern-Spieler nebst Uli Hoeneß ihn so aufrichtig lieben wie die Meisterfeier von Bayer Leverkusen.
Nun hat dieser Matthäus gerade den Münchner Zeitungen Interviews gegeben, in denen er erläuterte, warum er als Jugendtrainer beim TSV Grünwald hingeschmissen hat. Quintessenz: The kids are alright. Aber viele ihrer Eltern haben die Pfanne heiß. Und viel zu viel Zeit, wie er leicht klassenkämpferisch hinzufügte. Die kämen zum Training »und bleiben dort, weil zu Hause nicht mehr so viel zu tun ist. Der Gärtner war schon da, und auch die Küche wurde aufgeräumt.« Im festen Glauben, ihr Kind sei »der nächste Messi«, werde in der neu gewonnenen Freizeit nun der Trainer belästigt. »Nachts um elf Uhr habe ich Anrufe von Eltern bekommen und morgens um sieben Uhr Whatsapp-Nachrichten.«
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Tja, so ist das. Nicht nur in Grünwald. Und nicht nur beim Fußball. Jüngst berichtete mir eine Erzieherin, die ich aus einem früheren Leben als junger Vater kenne, sie habe jüngst mit einer Mutter zu tun gehabt, die sie allen Ernstes gebeten habe, sie möge sich doch blonde Zöpfe ankleben, wenn sie versuche, ihre Tochter zum Mittagsschlaf zu bewegen. Das könne besser gelingen, weil sich die Kleine dann an die blondbezopfte Mutter erinnert fühle. Eine Erzieherin, die gegen 13 Uhr zwischen 20 verschiedenen Frisuren wechselt, um den jeweiligen Müttern möglichst zu ähneln, das wär’s doch! Wobei natürlich nicht auszuschließen ist, dass auch prekär behaarte oder gar glatzköpfige Männer ihre Kinder ins Bett bringen.
Grünwald ist überall, diese traurige Botschaft kann man Lothar Matthäus jedenfalls nicht ersparen. Genauso wenig wie den Hinweis, dass er einer weiteren Fehleinschätzung aufsitzt: »Die Eltern gehen doch auch nicht jeden Tag in die Schule zum Lehrer und beschweren sich«, glaubt Matthäus. »Oder rufen den Lehrer fünfmal an am Tag.« Doch, Lothar, genau das tun sie.
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