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Die Regierungsbildung in Frankreich wird kompliziert und bringtlinke Parteien in eine schwierige Lage
Nach langem Zögern und Abwägen hat Präsident Emmanuel Macron am Donnerstag den Rechtspolitiker Michel Barnier zum Premierminister ernannt und mit der Regierungsbildung beauftragt. Der ehemalige Minister und EU-Kommissar kommt von der rechten Oppositionspartei der Republikaner, die bei den jüngsten Parlamentswahlen mit nur acht Prozent der Stimmen auf dem fünften Platz landeten, aber flexibel und mehrheitlich Macron-verträglich sind.
Das dürfte auch das wichtigste Kriterium für die Mitglieder der Regierung sein, die Barnier finden muss. Dabei wird sein diplomatisches Geschick gefragt sein, das er für die EU bei den Verhandlungen mit Großbritannien zu Brexit-Zeiten bewiesen hat. Das Ergebnis soll eine sehr breit aufgestellte Regierungsmannschaft sein, die möglichst schon die »Große Koalition« vorwegnimmt, auf die sie sich stützen muss, um trotz fehlender Mehrheit im Parlament effizient zu regieren.
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Diese komplizierte Situation hat sich dadurch ergeben, dass Präsident Macron vor zwei Monaten überraschend das Parlament aufgelöst und Neuwahlen anberaumt hatte. Falls er gehofft hatte, dadurch wieder zu einer Parlamentsmehrheit zu kommen, so hat er sich gründlich geirrt und das Gegenteil erreicht. Im Parlament stehen sich zurzeit drei etwa gleich starke Lager gegenüber und blockieren einander gegenseitig. Das durch mehrere kleine Zentrumsparteien unterstützte Regierungslager braucht zum Regieren Verbündete, möglichst von den rechtsoppositionellen Republikanern, die Macron politisch am nächsten stehen. Auf Hilfe vom rechtsextremen Rassemblement national (RN) will Macron möglichst nicht zurückgreifen müssen, aber dass dieser dem neuen Premier eine Schonfrist bis zur Regierungserklärung einräumt, kommt ihm entgegen. Immerhin war die Frage, ob ein neuer Premier nicht sofort mit einem Misstrauensantrag rechnen muss und stürzt, bevor er erste Schritte gemacht hat, das wichtigste Kriterium für die Wahl des Regierungschefs.
Diese hat sich angesichts der komplizierten Situation über den ganzen Sommer hingezogen. Für die Linke, die zur Wahl mit der Neuen Volksfront überraschend ein neues Bündnis zustande gebracht hatte, stellte sich diese Frage gar nicht. Sie hatte das beste Wahlergebnis erzielt und konnte sowohl ein kohärentes Programm als auch mit Lucie Castets eine kompetente Kandidatin für das Amt der Regierungschefin vorweisen. Traditionell hätte ihr damit die Regierungsbildung zugestanden, doch für Macron war entscheidender, dass das Beharren der Neuen Volksfront auf ihrer Kandidatin und ihrem Programm eine Blockade erwarten ließ. Allein schon die Ankündigung, eine links geführte Regierung würde als erstes die Rentenreform rückgängig machen und den Mindestlohn auf 1600 Euro netto erhöhen, war sowohl für Macrons Partei Renaissance und ihre Verbündeten als auch für die rechtsoppositionellen Republikaner ein rotes Tuch. Unter diesen Vorzeichen war an eine regierungsfähige Koalition nicht zu denken.
So war denn auch vor Tagen der Vorschlag des Präsidenten an den ehemaligen sozialistischen Premierminister Bernard Cazeneuve, die Regierungsbildung zu übernehmen, wohl nicht mehr als der Versuch, Macrons Offenheit für alle politischen Varianten zu demonstrieren. Doch von den Linken und speziell der Sozialistischen Partei, deren Beteiligung am linken Bündnis Nupes und an der Neuen Volksfront Cazeneuve strikt abgelehnt hatte, konnte er keine Unterstützung erwarten. Als dieser dann, wohl um sich der Volksfront anzunähern, deren Forderung nach Aufgabe der Rentenreform aufgriff, war das für Macron ein willkommener Grund, die nur der Form halber eingesetzte linke Karte fallenzulassen und sich den rechten Republikanern zuzuwenden.
Der von dort kommende neue Regierungschef will weder die Rentenreform rückgängig machen noch den Mindestlohn aufstocken, sondern Macrons neoliberale Wirtschaftspolitik fortsetzen und bestenfalls durch einige Elemente von Charles de Gaulles »Sozialer Marktwirtschaft« ergänzen. Dafür ist er in der Migrationspolitik und einigen anderen Fragen konservativer und härter als der Präsident. Einig sind sich beide, dass unter den derzeitigen Bedingungen eine regierungsfähige Koalition über das gesamte politische Spektrum reichen und nur »die Radikalen von rechts und von links«, also die Bündnisse Rassemblement national (RN) und La France insoumise (LFI), ausschließen soll.
Auf die Linken jenseits von LFI kommt damit eine Zerreißprobe zu. Auf Macrons und Barniers Lockrufe positiv zu reagieren, würde bedeuten, auf Distanz zu LFI zu gehen und die Neue Volksfront zu sprengen. Wenn alle linken Parteien dagegen hart, in der Volksfront vereint bleiben und einen konsequenten Oppositionskurs einschlagen, riskieren sie, ins politische Abseits gedrängt zu werden. Damit hätten sie keinerlei Einfluss auf die Gestaltung der Politik, sondern würden zweifellos von der Regierung auch für alle Blockaden, Rückschläge und Misserfolge verantwortlich gemacht.
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