Drei Tote nach Anschlag im Westjordanland

Bundesaußenministerin Baerbock zum elften Mal auf Nahost-Mission

  • Lesedauer: 5 Min.
Israelische Sicherheitskräfte versammeln sich am Schauplatz eines gemeldeten Angriffs in der Nähe des Allenby-Übergangs zwischen dem besetzten Westjordanland und Jordanien, bei dem nach Angaben des israelischen Militärs ein Lastwagenfahrer das Feuer eröffnete und drei Israelis tötete.
Israelische Sicherheitskräfte versammeln sich am Schauplatz eines gemeldeten Angriffs in der Nähe des Allenby-Übergangs zwischen dem besetzten Westjordanland und Jordanien, bei dem nach Angaben des israelischen Militärs ein Lastwagenfahrer das Feuer eröffnete und drei Israelis tötete.

Tel Aviv. Bei einem Anschlag im Westjordanland an einem Grenzübergang zu Jordanien sind am Sonntag drei Menschen getötet worden. Die Männer starben an schweren Schusswunden, wie der israelische Rettungsdienst Magen David Adom mitteilte. Laut Israels Armee handelt es sich um israelische Zivilisten. Ein Lkw-Fahrer, der aus Jordanien eingereist sei, habe das Feuer auf israelische Sicherheitskräfte eröffnet, teilte das israelische Militär weiter mit. Einsatzkräfte hätten ihn getötet.

Der Anschlag ereignete sich israelischen Angaben zufolge bei der Allenby-Brücke, einem Grenzübergang nach Jordanien im Osten des Westjordanlands. Israelische Medien berichteten, dass zunächst alle Grenzübergange nach Jordanien im Westjordanland sowie in Israel geschlossen wurden. Jordanien verkündete die Schließung der Allenby-Brücke im Westjordanland. Das dortige Innenministerium kündigte an, den Vorfall auf der anderen Seite des Grenzübergangs zu untersuchen, wie die Nachrichtenagentur Petra meldete.

Ausländische Aktivistin im Westjordanland getötet

Der zehntägige israelische Armeeeinsatz gegen mutmaßliche islamistische Extremisten im Westjordanland wurde inzwischen beendet und hat eine Spur der Verwüstung hinterlassen. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums in Ramallah kamen 39 Menschen ums Leben, seitdem Israels Militär in der vergangenen Woche seine großangelegte Militäraktion begonnen hatte.

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Zuletzt ist eine ausländische Aktivistin palästinensischen Angaben zufolge im Westjordanland bei einem Protest gegen einen Siedlungs-Außenposten durch Schüsse israelischer Soldaten getötet worden. Die Amerikanerin türkischer Herkunft sei zunächst mit lebensgefährlichen Kopfverletzungen in eine Klinik gebracht worden, teilte das Gesundheitsministerium in Ramallah mit. Sie sei später für tot erklärt worden.

Erneute Massenproteste für einen Geisel-Deal

Weiter gekämpft wird auch im Gazastreifen, sowohl im Süden als auch im Zentrum. Am Samstag habe Israels Luftwaffe im gesamten Küstenstreifen rund 25 Ziele der Hamas angegriffen. Nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde wurden innerhalb von 24 Stunden 33 Menschen bei Kämpfen im Gazastreifen getötet und weitere 145 verletzt. Demnach wurden seit Kriegsbeginn bislang mindestens rund 41 000 Palästinenser im Gazastreifen getötet. Die Behörde unterscheidet nicht zwischen Zivilisten und Kämpfern.

In Israel war das Wochenende wieder geprägt von neuen Massendemonstrationen. Bei der Hauptkundgebung in der Hafenmetropole Tel Aviv sowie weiteren Protesten in anderen israelischen Städten forderten die Teilnehmer ein Abkommen mit der Hamas zur Freilassung von rund 100 Geiseln. Die Organisatoren sprachen laut örtlichen Medienberichten von 500 000 Demonstranten allein in Tel Aviv. »Wir dürfen kein Leben mehr opfern, wir dürfen sie (die verbleibenden Geiseln) nicht opfern«, sagte die Verwandte einer von den islamistischen Extremisten erschossenen Geisel auf der Kundgebung in Tel Aviv. »Ihre Zeit läuft ab.«

Keine Aussicht für ein Abkommen mit der Hamas

Die indirekten Verhandlungen zu ihrer Freilassung, bei denen die USA, Ägypten und Katar zwischen den Konfliktparteien vermitteln, drehen sich seit Monaten ergebnislos im Kreis. Das angestrebte mehrstufige Abkommen würde auch die Beendigung des Krieges, den Rückzug des israelischen Militärs aus dem Gazastreifen und die Entlassung tausender palästinensischer Häftlinge aus israelischen Gefängnissen einschließen.

Kritiker werfen Israels Regierungschef Netanjahu vor, den Abschluss einer derartigen Vereinbarung mit überzogenen Forderungen – wie etwa der nach einem dauerhaften Verbleib des israelischen Militärs an strategischen Stellen des Gazastreifens – zu torpedieren. Netanjahu regiert in einer Koalition mit rechtsextremen Parteien, die jegliche Zugeständnisse an die Hamas ablehnen und ihm mit dem Platzen des Regierungsbündnisses drohen.

Deutsche Außenministerin kritisiert Siedlungspolitik

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock war Ende vergangener Woche zum mittlerweile elften Mal nach Nahost gereist und hat angesichts der stockenden Vermittlungsgespräche über eine Waffenruhe im Gazastreifen auch mit Verteidigungsminister Joaw Galant gesprochen. Sie forderte von der israelischen Regierung als Zeichen der Vertrauensbildung ein Ende der Siedlungsprojekte im Westjordanland. Der Siedlungsbau im Westjordanland verstoße ganz eindeutig gegen das Völkerrecht. »Er ist illegal«, kritisierte die Grünen-Politikerin nach einem Treffen mit ihrem israelischen Amtskollegen Israel Katz in Tel Aviv.

Israels Regierung müsse zudem »stärker und sichtbarer gegen die Gewalttaten von radikalen Siedlern« vorgehen, verlangte Baerbock. Dies wäre ein »erster wichtiger Schritt zur Entspannung im Westjordanland«. Baerbock hatte am Vortag in Jordanien gesagt, Israel sei dort »Besatzungsmacht und gemäß Genfer Konvention dazu verpflichtet, Recht und Ordnung aufrechtzuerhalten, anstatt sie zu gefährden«.

Katastrophale humanitäre Lage im Gazastreifen

Baerbock betonte, die Sicherheit Israels »bleibt deutsche Staatsräson«. Es gehe um die Sicherheit des Landes und seiner Menschen, »und nicht um die Sicherheit einer Regierung konkret oder um einzelne Regierungsmitglieder«. Dafür und für den Frieden in der Region brauche es Partner. »Wenn diese Partner immer mehr wegbrechen, dann hat der Frieden keine Chance.« Auch deswegen sei sie nach Saudi-Arabien und Jordanien gereist.

Laut Vereinten Nationen ist die humanitäre Lage im Gazastreifen »mehr als katastrophal«. Die Partner der UN verfügten nicht über ausreichende Nahrungsmittelvorräte, sagte UN-Sprecher Stéphane. Die Zahl der täglich gekochten Mahlzeiten sei im Vergleich zum Juli zurückgegangen. Grund dafür seien auch die Evakuierungsbefehle der israelischen Armee. Agenturen/nd

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