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Alles legal, außer Kiffen
Klaus Maecks Leben: Volle Pulle
Dieses Jahr wurde Angela Merkel 70. Ich ebenfalls. Und auch Klaus Maeck. Der Hamburger Filmproduzent hat sich selbst ein Geschenk gemacht und seine Autobiografie vorgelegt: »Volle Pulle ins Verderben«, erschienen im wunderbaren Verlag Moloko Print.
Klaus Maeck gehört zu jenen linken Aktivisten, die nie in die erste Reihe drängelten. In den 70ern war er in der anarchistischen Alternativszene und wurde dann Veranstalter, Verleger und Kulturarbeiter der Avantgarde von Musik und Film. Legendär seine Zusammenarbeit mit dem etwas älteren Alfred Hilsberg, als sie Punk aus England nach Westdeutschland importierten und halfen, eine neue Szene freier, selbstbestimmter Musik zu etablieren, und dafür Laden, Label und Vertrieb gründeten. Vorübergehend wurde Maeck Manager der Einstürzenden Neubauten. Nun, wir waren jung und haben es einfach gemacht – so könnte man sagen – und immer harrscharf an der ökonomischen Katastrophe vorbeigeschliddert. Maeck meint dabei, »außer Kiffen nichts Illegales« getan zu haben.
»1 Buch, 11 Stories, 11 Bilder, 1 Gedicht«, so fasst der Verlag dieses Buch zusammen. Maeck malt auch, und jedes Kapitel ist mit einem seiner Bilder versehen. Vorneweg gibt es gleich in der ersten Geschichte über eine Reise nach Mexiko, 2022 zum »Fest der Toten«, einen dramatischen Einschnitt. Als er fünf Jahre alt war, musste Maeck mit ansehen, wie sein zweieinhalbjähriger Bruder von einem Lkw überfahren wurde. Die Bürde des Hüters seines Bruders konnte er nicht erfüllen, ein Trauma. Reisen bedeutet anscheinend auch immer Reflexion des eigenen bisherigen Lebens. In Mexiko entdeckt er eine Raubkopie des preisgekrönten Films »Gegen die Wand« des deutsch-türkischen Regisseurs Fatih Akin, bei dem er für die Musikauswahl verantwortlich war – unter dem Titel »Volle Pulle ins Verderben«.
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Maeck ist Schulabbrecher und Wehrdienstverweigerer. Als Punk aufkam, machte er das Fanzine »Cooly Lully«, ein »Magazin für radikale Lebensfreude«. Er kam aus der Hippiezeit und hatte beim heute noch existierenden Info- und Buchladen »Schwarzmarkt« mitgewirkt, um dann 1979 den Plattenladen »Rip Off« zu gründen, der sich rasch zum Treffpunkt von Punks und Avantgarde-Musiker*innen entwickelte, frei nach dem Motto »Amok/Koma«, wie das Debütalbum von Abwärts hieß, damals die Band der Stunde.
So sind die ersten Geschichten im Buch ein wilder Ritt durch die 70er und 80er Jahre mit RAF und Repression, der ominösen AAO-Kommune und London als Mekka für alle Musikinteressierten. In dieser Zeit konnte man mit der Herstellung von Badges ein großes Geschäft machen, weil sich jeder diese kleinen bunten Anstecker an die Lederjacke heften wollte.
Maeck interessierte sich aber auch für William S. Burroughs und Filmexperimente. Er veröffentlichte das »Decoder-Handbuch« zum gleichnamigen, von Burroughs’ Ideen beeinflussten Film von Muscha und über die Neubauten das Buch »Hör mit Schmerzen«. Auch Neuauflagen dieser Kultbücher wurden an keinen Großverlag übergeben. Maeck ist hier den alten Indie-Idealen (»Keine Mark der Industrie«) treu geblieben.
Klaus Maeck erzählt Geschichten aus Marokko, Peru, Mexiko und aus den USA. Eintauchen und lernen: »Nichts ist weiter entfernt vom Reisen als ein Tourist zu sein«, schreibt er. Ein schönes Geburtstagsgeschenk, hat er sich da gemacht. Aber warum wurde er als Maler nicht bekannter?
Klaus Maeck: Volle Pulle ins Verderben. Stories, Interviews, Bilder. Moloko Print, 235 S., br., 17,50 €.
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