US-Wahl: Ein enges Rennen bis zum Wahltag

Auch wenn Kamala Harris ihren Kontrahenten Donald Trump in Umfragen eingeholt hat, wird sie sich kaum noch absetzen können

Diese Fotokombination zeigt den republikanischen Präsidentschaftskandidaten und ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump (l) und die demokratische Präsidentschaftskandidatin und US-Vizepräsidentin Kamala Harris während einer ABC News Präsidentschaftsdebatte im National Constitution Center.
Diese Fotokombination zeigt den republikanischen Präsidentschaftskandidaten und ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump (l) und die demokratische Präsidentschaftskandidatin und US-Vizepräsidentin Kamala Harris während einer ABC News Präsidentschaftsdebatte im National Constitution Center.

44 zu 46. Oder doch 49 zu 47. Wie wäre es mit 47 zu 48? Die täglich schwankenden Prozentwerte in den Umfragen zum US-Präsidentschaftswahlkampf lassen zwei Schlüsse zu. Erstens: Da ist für jeden was dabei. Und zweitens: Kamala Harris liegt Kopf an Kopf mit Donald Trump. Internationalen Beobachtern mag es ein Rätsel sein, wie es bei Trumps persönlichen und politischen Schwächen so weit kommen konnte, aber es ist nun einmal die Realität. Dass die Demokratin den Republikaner seit dem Ende der Kandidatur von Präsident Joe Biden Ende Juli überhaupt wieder eingeholt hat, feiern viele Anhänger bereits als Erfolg. Freilich ist deswegen noch lange nicht klar, ob Harris die erste US-Präsidentin wird. Nicht einmal die offenbar gewonnene TV-Debatte am Dienstag wird an der Gemengelage etwas Signifikantes ändern.

Festgefahren in Spaltung

Das hat vor allem mit der Stagnation der Verhältnisse zu tun, die Politikwissenschaftlerin Lynn Vavreck von der University of California in Los Angeles »Calcification« nennt: eine Umschreibung der Polarisierung in den USA, die das Land in zwei fast gleich große Bevölkerungsgruppen teilt, die einander feindlich gegenüberstehen und in ihrer Meinung unbeweglich bleiben. Donald Trump und seine Anhängerschaft sind dafür das Paradebeispiel. Der Ex-Präsident hat nie – nicht einmal bei seinem Wahlerfolg 2016 – eine Mehrheit hinter sich bringen können. Er verlor beide Urnengänge gegen Hillary Clinton und Joe Biden, wenn man die Gesamtzahl aller Stimmen betrachtet. Nur das besondere Wahlsystem der USA, das 51 Einzelabstimmungen in den Bundesstaaten und der Hauptstadt Washington durchführen lässt, machte ihn einst zum Präsidenten. Sein Rückhalt im Volk lag nie über 48 Prozent. Niedriger als 43 Prozent sank er jedoch auch in kaum einer Umfrage.

USA-Wahl

Die Wahlen am 5. November 2024 sind für die US-Bürger wie auch den Rest der Welt eine der wichtigsten Richtungsentscheidungen dieser Zeit. »nd« berichtet über die Stimmung und Probleme im Land, über Kandidaten und ihre Visionen. Alle Texte zur US-Wahl finden Sie hier.

Der Maximalwert auf demokratischer Seite liegt etwas höher, doch Joe Bidens schwache Debatte im Juli zeigte eben auch, dass seine Partei schnell mehrere Prozentpunkte zurückfallen kann. Das gilt nicht nur national, sondern auch für die sieben Bundesstaaten, die über den Wahlsieg entscheiden werden: Wisconsin, Michigan, Nevada, Arizona, Georgia, North Carolina und vor allem Pennsylvania. Wer auch immer genügend Mehrheiten in diesen Staaten hinter sich bringt, wird im Januar ins Weiße Haus einziehen. Bei der festgefahrenen gesellschaftlichen Spaltung wird es selbst hier wohl nur auf fünf bis acht Prozent der Wähler ankommen, die immer noch unentschieden sind. Die neuesten Umfragen in Pennsylvania, dem Staat ohne den wahrscheinlich weder Harris noch Trump gewinnen können, zeigen je nach Umfrageinstitut ein totes Rennen: 45:45, 49:49, 50:50. Liegt doch mal der eine oder die andere vorn, dann nie außerhalb der jeweiligen Fehlertoleranz.

Ein Popstar als Entscheidungshilfe

Beide Kontrahenten wissen das und bereisen seit Monaten fast nur noch diese sieben Staaten im Wahlkampf. Die Debatte am Dienstag fand ebenfalls in Pennsylvania statt, weswegen Trump der Vizepräsidentin immer wieder vorwarf, dass sie Fracking verbieten wolle, dort mittlerweile ein sehr wichtiger Industriezweig. Harris, die das bestreitet, konterte ihrerseits, dass Trump die Ukraine an Russlands Präsidenten Wladimir Putin verscherbeln wolle und sich dieser danach auch gleich Polen einverleiben könnte. Kein Zufall, dass allein in Pennsylvania gut 750 000 Nachkommen polnischer Einwanderer leben.

Hat diese Debatte nun irgendetwas bewegt? Umfragen werden dies erst in der kommenden Woche abbilden. Selbst wenn Harris im Anschluss an ihre überzeugende Leistung weiter vorne liegen sollte, wird aber niemand mit Bestimmtheit sagen können, ob es an der Debatte lag oder doch am Instagram-Post von Pop-Superstar Taylor Swift, die am Dienstagabend ihren 283 Millionen Followern mitteilte, dass sie für die Vizepräsidentin stimmen werde. Am nächsten Morgen hatten bereits mehr als sieben Millionen Menschen den »Gefällt mir«-Button geklickt. Nur wenn die vor allem jungen und in der Mehrzahl weiblichen Musikfans nun auch entsprechend ein Kreuz setzen, kann die Wahl doch noch klarer ausfallen. Das mag einigen Beobachtern ebenso ein Rätsel sein. Kamala Harris wird sich wünschen, dass aber auch das bald zur Realität wird.

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