Menschlich. Für dich da. Unterfinanziert.

Sarah Yolanda Koss über die Hintergründe der Jobcenter-Misanthropie

»Immer menschlich. Immer für dich da.« Das neue Motto der Jobcenter.
»Immer menschlich. Immer für dich da.« Das neue Motto der Jobcenter.

»Bürgergeld durchgefallen«, »Jobcenter fordern mehr Sanktionen«, »Mitarbeiter haben Nase gestrichen voll«. So betitelten im Frühsommer diverse Medien ihre Berichte über eine erste Befragung von Jobcenter-Angestellten zum Bürgergeld. Entsprach irgendwie so gar nicht dem neuen Jobcenter-Motto »Immer menschlich. Immer für dich da«. Insbesondere, weil sich das Bürgergeld in seinen Kinderschuhen noch nicht weit vom »Fördern-und-Fordern«-Konzept von Hartz4 wegentwickelt hatte. Eine gewisse Ironie barg die Berichterstattung schon damals, leiteten die Wissenschaftler*innen doch die kritische Einstellung der Jobcenter-Angestellten auch aus früherer journalistischer Polemik ab.

Eine neue Studie des Instituts für Arbeitsmarktforschung bestätigt jetzt, was Expert*innen bereits vermuteten: Bei der Bürgergeldreform kürzte die Ampel die Mittel der Behörden, nun fehlt es an Geld für das Personal. Die naheliegende These: Die Kürzungen führten zur Überlastung der Angestellten ergo Unzufriedenheit mit der Reform ergo Rufen nach Sanktionen. Darüber hinaus besagt die neue Studie: Viele Jobcenter widmen derzeit ihre Budgets um, um Personalkosten zu decken. Das geht zu Lasten der aktiven Arbeitsmarktpolitik für Bürgergeld-Berechtigte, also jenen Weiterbildungsmaßnahmen, die die Reform auszeichnen sollte.

Was lernen wir daraus? Auch wenn die Ampel noch so sehr auf ihr Motto »Entbürokratisierung« pocht – so lange die Sozialreformen nicht hinlänglich ausfinanziert sind, ist niemandem geholfen. Das gilt auch für die Behörden.

»Immer menschlich. Immer für dich da.« Das neue Motto der Jobcenter.
»Immer menschlich. Immer für dich da.« Das neue Motto der Jobcenter.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.