Berliner Linke: Selbstverwaltet in den Untergang

Die Berliner Linke gibt sich selbst auf, meint Marten Brehmer

Die Party ist aus: Wahlfeier der Linken
Die Party ist aus: Wahlfeier der Linken

Lauscht man Funktionären der Berliner Linkspartei, scheint sich die Mehrheit schon mit der Perspektive der außerparlamentarischen Opposition abgefunden zu haben: Künftig soll Die Linke in sozial abgehängten Vierteln »Organizing« betreiben und Menschen bei der »Selbstorganisation« unterstützen, heißt es in einem gemeinsamen Papier von Landes- und Fraktionsspitze. Das Ziel scheint zu sein, in den Kiezen zu überwintern, bis sich der bundespolitische Wind dreht.

Hinter den blumigen Worten versteckt sich eine schleichende Akzeptanz der eigenen Schwäche. Denn eine stabile linke Partei könnte sich von allein auf ihre Kernaufgabe konzentrieren: den Armen und Entrechteten eine starke Vertretung anbieten. Stattdessen sollen es die Abgehängten jetzt selbst erledigen. Die anarchistisch anmutende Phrase der »Selbstorganisation« verschleiert, dass die Linkspartei offenbar keine eigenen politischen Inhalte mehr entwickeln kann.

Dabei erinnert der Selbstorganisierungsfetisch fatal an das neoliberale Axiom der »Hilfe zur Selbsthilfe«: Statt materieller Unterstützung können sich die Armen nur noch darauf verlassen, dass ihre Abwehrkämpfe gegen den kapitalistischen Normalwahnsinn diffuse Unterstützung erfahren. Hinter dieser Logik steht ein gefährlicher Zirkelschluss. Denn sich selbst zu organisieren, ist noch lange kein Wert für sich. Er wird es erst, wenn aus der individuellen Organisierung kollektive Wirkungsmacht erwächst.

Nichts ist gegen Mietrechtsberatungen oder selbstverwaltete Strukturen einzuwenden – aber ein Ersatz für parlamentarische Politik sind sie nicht. Für sie wird die Linkspartei gebraucht. Nicht als besserer Sozialverband.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.