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Enteignungsvolksentscheid Berlin: 59,1 Prozent sind nicht genug
Das Referendum zu Vergesellschaftung von Wohnraum vom 26. September 2021 ist bis heute folgenlos geblieben
Am 26. September 2021 stimmten 59,1 Prozent der Berliner*innen für die Enteignung von großen Wohnungskonzernen in der Hauptstadt. Drei Jahre später gibt es Deutsche Wohnen und Co enteignen (DWE), die Mieter*inneninitiative hinter dem Entscheid, noch immer. Denn entgegen dem, wie sich die Wähler*innen vor drei Jahren artikulierten, ist bisher kein einziges Wohnungsunternehmen vergesellschaftet worden.
Die Initiative spricht davon, dass der Senat den Volksentscheid ignorieren würde. »Das offenbart die zutiefst undemokratische Haltung des Bürgermeisters Kai Wegner (CDU) und seiner Vorgängerin Franziska Giffey (SPD)«, urteilte Camel Fuhg, Sprecherin von DWE.
Laut Koalitionsvertrag hätte, sobald die vom Senat eingesetzte Expert*innenkommission im Juni 2023 ihre »verfassungskonforme Vergesellschaftungsempfehlung« abgegeben hatte, ein Vergesellschaftungsrahmengesetz erarbeitet werden sollen. Stattdessen kündigte der Senat im November 2023 ein weiteres externes Rechtsgutachten an, das »möglichst bis zum dritten Quartal 2024 abgeschlossen sein« sollte. Die Beauftragung des Gutachtens sei noch immer in Vorbereitung, teilte eine Sprecherin der Finanzverwaltung auf nd-Anfrage mit. "Mitte August dieses Jahres war es noch immer nicht beauftragt, »da die interministerielle Abstimmung zu wesentlichen Fragen hinsichtlich des genauen Inhalts eines Gutachtens noch nicht abgeschlossen werden konnte«, hieß es aus der Finanzverwaltung. »Dafür steht noch die Rückmeldung von fachlich zuständigen Senatsverwaltungen zu inhaltlichen Abstimmungen aus.«
»Das offenbart die zutiefst undemokratische Haltung des Bürgermeisters Kai Wegner (CDU) und seiner Vorgängerin Franziska Giffey (SPD).«
Camel Fuhg Sprecherin von Deutsche Wohnen und Co enteignen
Berlins Bausenator hatte beteuert, die Umsetzung des Rahmengesetzes nicht auf die lange Bank schieben zu wollen. Außerdem hatte er alle am Gesetzgebungsprozess beteiligten Akteure zur Vorarbeit aufgefordert, bis das Gutachten vorläge. Zum Ist-Stand des Prozesses verweist sein Haus jedoch auf die federführende Finanzverwaltung. Zuletzt hatte auch der SPD-Fraktionsvorsitzende Raed Saleh in diese Richtung erklärt: »Ich erwarte, dass wir zeitnah eine Lösung präsentiert bekommen, wie ein solches Gesetz auf den Weg gebracht werden kann.« Der Finanzverwaltung obliege lediglich die koordinierende Federführung, erklärte deren Sprecherin. Seit Herbst 2023 habe sich eine Arbeitsgruppe bestehend aus Vertreter*innen der zuständigen Senatsverwaltungen mehrmals getroffen. »Weitere Termine sind aktuell in Planung.«
»Das ist kein Enteignungsgesetz«, sprach SPD-Fraktionschef Saleh zugleich aus, was viele Verfechter*innen des Volksentscheids an der Politik der Koalition kritisieren. Selbst auf das Rahmengesetz würde noch nicht die Überführung von Wohneigentum in die öffentliche Hand folgen. Dazu wäre ein weiteres, bisher nicht abzusehendes, Umsetzungsgesetz notwendig. Dieses muss nicht in jedem Fall, trotz Orientierung am Rahmengesetz, verfassungsgemäß sein. Im Zweifel muss immer das einzelne, konkrete Gesetz geprüft werden.
Eingedenk der vielen Unwägbarkeiten haben die Aktivist*innen von DWE vor einem Jahr einen eigenständigen Prozess für ein Vergesellschaftungsgesetz eingeleitet, dass dann erneut per Volksentscheid abgestimmt werden soll. Damit beauftragt ist die Kanzlei Geulen und Klinger. Unterstützt von einem wissenschaftlichen Beirat erarbeiten sie zugleich ein »Trägergesetz«. Damit soll die anschließende demokratische Verwaltung der vergesellschafteten Wohnungen geregelt werden.
Doch auch DWE lässt einen zeitlichen Rahmen offen: »Vergesellschaftung ist eine Querschnittsmaterie und juristisches Neuland. Uns geht es darum, ein rechtssicheres Gesetz zu erarbeiten, weshalb wir uns keine Deadline gesetzt haben.« Man werde noch über das Jahr hinaus mit der Arbeit befasst sein, teilt DWE-Sprecherin Fuhg auf Anfrage mit.
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